Das Leben des Brion

Man kann nicht behaupten, Brion Gysin hätte zu wenig für seinen Nachruhm getan. Der Nomade und Beatnik hat gut mitgemischt: im Paris der 30er-Jahre, wo er sich mit den Surrealisten anlegte, in Marokko, in dem von ihn gegründeten Café 1001 Nights (das er aufgeben musste, weil seine Angestellten ihn angeblich verhexten), im Paris der 50er-Jahre im Beat-Hotel, wo Gysin gemeinsam mit William S. Burroughs und Ian Sommerville die „Drea machine“ erfand, einen drehbaren Hohlzylinder, der psychedelische Flicker-Effekte verursachte. Überhaupt verbrachte man super Nächte damals in der Rue Gît-le-Coeur. Für einige Minuten soll Gysin sich dort auch vor den Augen anderer in Luft aufgelöst haben. Eigentlich nannten alle den Schriftsteller Burroughs „El Hombre Invisible“, aber auf Brion Gysin, den in England geborenen Sohn eines Schweizers und einer Kanadierin, trifft dieser Beiname eher zu: Der Dichter und Künstler hat zwar Eindruck hinterlassen, etwa auf Max Ernst, David Bowie, Keith Haring oder Iggy Pop – alles bekennende Gysin-Jünger –, doch ihm wurde nie die gleiche Würdigung zuteil wie seinen Wegbegleitern. Ungerecht: Brion Gysin erfand das cut-up, Burroughs wurde mit dieser literarischen Technik berühmt. Jetzt aber widmet das New Museum in New York dem 1986 verarmt gestorbenen Gysin eine Einzelschau. 300 Bilder, Zeichnungen, Fotocollagen und Filme des Meisters sind dort zu sehen und auch der Prototyp der „Dreamachine“. Vielleicht läuft auch Gysin selbst noch unsichtbar durch die Räume.

New Museum, New York, bis 3. Oktober