David Hasselhoff besucht East Side Gallery

Rettungsschwimmer am Spreeufer

Anstatt "Wir gehen nicht, bevor es einen Lösungsvorschlag gibt" war am Sonntag bei der Demonstration entlang des Berliner Baudenkmals East Side Gallery zu hören: "Wir gehen nicht, bevor er uns kein Autogramm gegeben hat". Gemeint ist der Hollywood-Schauspieler David Hasselhoff, Protestteilnehmer und PR-Maskottchen der Initiative gegen den geplanten Abriss eines Teilstücks der Berliner Mauer. Nachdem er ging, gingen auch viele andere. 10.000 sollen es laut dem Sprecher der Initiative "East Side Gallery retten!", Lutz Leichsenring, am Sonntag gewesen sein. In den Wochen davor, nachdem der Kran eineinhalb Meter der Mauer und damit auch ein Stück des Kunstwerks gerissen hatte, waren es nur wenige hundert Demonstranten.

Seit seinem Auftritt vor dem Brandenburger Tor kurz nach dem Mauerfall fühlt sich der Amerikaner mit Berlin verbunden. Dass die Initiatoren den prominenten Unterstützer nicht ablehnen, ist legitim. Menschen und Medien zu mobilisieren und damit zu verhindern, dass 25 Meter der ehemaligen Grenzwand entfernt werden, um auf dem Gelände am Spreeufer ein 65 Meter hohes Luxuswohnhaus zu errichten – dazu hat der Hoff-Faktor beigetragen. Wenn jedoch ein Sprecher aus dem gelben Demomobil die Menge darüber informiert, dass der Investor den Baustopp ignoriert und ein Demonstrationsteilnehmer ruft "Halt doch mal dein Maul und lass David reden", dann geht es nicht mehr um die Sache.

Diesen Eindruck verstärkte auch die Pressekonferenz vor Demonstrationsbeginn im Kulturzentrum Yaam am Spreeufer. Am Tisch saßen fünf Sprecher, darunter Lutz Leichsenring und Marc Wohlrabe von der Clubkommission, doch die Fragen zielten ausschließlich in die Richtung einer Person. Obwohl Hasselhoff selbst bemerkte: "Es fühlt sich komisch an, hier vorne zu sitzen, weil die anderen die ganze Arbeit gemacht haben."

Eine Demonstration braucht einen Wortführer, jemanden, der die Menge mitreißt. Und das kann er, unser David. Der 60-Jährige lieferte Hollywood-Entertainment. Während sich der Demonstrationszug in Richtung Oberbaumbrücke bewegte, schwenkte er aus dem Rückfenster des Wagens eine Peace-Fahne, skandierte "Viva Berlin" und gab fleißig Autogramme. Er schien selber vom Rummel überrumpelt. Mit schwarzem Mantel wirkte er bescheidener als in seinem Glühlampendress 1989, trotzdem genoss er die Aufmerksamkeit und kündigte, nicht ganz so bescheiden, ein großes Konzert in Berlin an.

Einige Mitläufer steckten in Baywatch-Kostümen und huldigten damit dem ehemaligen Star der Rettungsschwimmer-Serie "Baywatch". Immer wieder heizte Hasselhoff mit einer A-cappella-Version seines angegrauten Hits "Looking for freedom" die Stimmung an, lächelte. Er setzt seine Anziehungskraft für eine gute Sache ein und unterstützt die Fundraising Plattform, ein Mittel, um langfristig in die Stadtplanung eingreifen zu können. An das sich so hartnäckig haltende Gerücht, er habe die Mauer zu Fall gebracht, glaubt er selber nicht. Er will sich engagieren und dafür reist er auch gerne auf eigene Kosten nach Berlin.

Gut ist, dass der König der Bademeister viele Leute anzieht. Schade nur, dass die eigentlichen Wortführer neben Mauerfall-Eventnostalgie und So-scheiße-dass-schon-wieder-geil-Ironie nicht wirklich gehört werden. Obwohl viele Schilder hochgehalten wurden, auf denen "Stoppt den Luxus-Wahnsinn" oder "Wowereit das Denkmal bleibt" stand, waren jene mit "David we love you" gefühlt in der Überzahl.