Miquel Barceló in Duisburg

Der ewige Wilde

Im deutschsprachigen Raum wurde Miquel Barceló bisher kaum ausgestellt. In Duisburg schwelgt der auf Mallorca geborene Maler jetzt in einer Soloausstellung in sonnendurchtränkten Stillleben

Der Sommer ist in den weißen Sälen des Museums Küppersmühle zurück. Die riesigen Gemälde hängen in dem Duisburger Ausstellungshaus dicht beieinander, die dicke Farbe fließt, glühend wie Lava und mitunter blutrot. "Suppen. Vielleicht sind alle meine Bilder Suppen", urteilt Miquel Barceló über seine neoexpressiven Stillleben, die man sich sogleich in eine Küche hängen möchte. Weiße Tischdecken, Weingläser, Paella, Oktopusse, Tomaten und Zitronen sind neben Tierporträts wiederkehrende Motive. Übertitelt ist der vitale Reigen mit "Vida y Muerte", Leben und Tod.

Und tatsächlich, schaut man genauer hin, tauchen verrottende Früchte inmitten des rauschhaften Genusses auf, jede Menge Schädel, menschlich und tierisch, die Lust am Essen ist offenbar nicht ohne den Drang zu töten zu haben. Bei den Stierkampfszenen muss man an Hemingway denken und dessen Verbundenheit mit dem Existenzkampf des Stiers, der bei Barceló immerhin augenzwinkernd von einem fliegenden Schwertfisch zur Strecke gebracht wird.

Auch seine Landschaften kommen nicht ohne pastosen Gestus aus. "In meinen Bildern siehst du im Vordergrund kleine Keime, in der Bildmitte ausgewachsenes Korn und in der Ferne die Berge. Diese Räume und Zeiträume kann die Malerei aufspannen, und genau das will ich", sagt Barceló, der Tintoretto, Tapiès und Beuys bewundert. Bei der siebten Documenta im Jahr 1982 galt der damals 25-Jährige für den Ausstellungsmacher Rudi Fuchs als "mediterrane Variante des Wildseins". Inzwischen ist er der erfolgreichste spanische Gegenwartskünstler, mit Ausstellungen in ganz Europa, New York, Japan, Australien, Afrika und Südamerika.

Entwaffnend sinnlich 

Seit 2000 hat er mehrere große Aufträge abgeschlossen, darunter die Kapelle des Allerheiligsten Sakraments in der Kathedrale von Palma de Mallorca und das Gipfeltreffen der Menschenrechte und der Allianz der Zivilisationen bei den Vereinten Nationen in Genf. Barcelós aufwendige Arbeit an der Kathedrale von Palma fokussierte vor allem auf Keramik, die er seit Mitte der 1990er-Jahre für sich entdeckt hatte und die auch in Duisburg vertreten ist.

Dass in Deutschland bisher eher Desinteresse an seiner Kunst herrschte, könnte vielleicht am ungewohnten Pathos liegen. Aber vielleicht sollte man sich nach den Aufbrüchen von Transavanguardia, Figuration Libre und den Neuen Wilden einfach noch einmal von der erdigen Materialität dieser Malerei verführen lassen, der Reverenz an Licht und die sich ständig ändernden Farben des Meeres. Entwaffnend sinnlich sind auch die unkonventionellen Materialien wie Vulkanasche, Algen, Sedimente und hausgemachte Pigmente. So lässt sich die winterliche Trübsal des Nordens ertragen.