Kinofilm über Helge Achenbach

Der Narzisst als Stehaufmännchen

2015 wurde der Kunstberater Helge Achenbach wegen Betrugs zu einer Haftstrafe verurteilt. Nun zeichnet der Dokumentarfilm "Der Illusionist" seinen Abstieg zur Persona non grata nach - und bietet ihm gleich wieder eine Bühne zur Selbstüberhöhung

Am Flughafen Düsseldorf begann "der Untergang unserer kleinen Welt", wie es Dorothee Achenbach, Ex-Ehefrau des Kunstberaters Helge Achenbach, gleich am Anfang formuliert. Statt sich zu Hause vom Flug aus Washington auszuruhen, wurde der Gatte 2014 wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Untreue verhaftet und gleich ins Gefängnis gebracht.

Eigentlich hatte der ehemalige Sozialarbeiter hier genug Zeit, um seine Begabung, schwerreiche Sammler und Firmen wie IBM, VW oder die Bundesbank in Illusionen zu wiegen, hinter sich zu lassen. Allein im Fall des Aldi-Besitzers Berthold Albrecht, dem Achenbach über Jahrzehnte das erwirtschaftete Geld durch gefälschte Kaufpreise auf eigenes Konto abzwackte, entstand ein Schaden von 20 Millionen Euro.

Stattdessen schlüpft der inzwischen 70-jährige, der auf dem Höhepunkt seines Wirkens die internationale Society in seine Restaurants einlud, vor der wohlwollend geduldigen Kamera in die nächste Verführungsrolle. Man sieht ihn reumütig umherschleichen, auf einem Bauernhof am Niederrhein, der Schatten des einstigen großspurigen Selbst, der sich zur Strafe nun im Verein "Culture without Borders" engagiert. Geplant ist ein großer Skulpturenpark mit Arbeiten geflüchteter Künstler und Künstlerinnen – ob sich die derangierte Reputation so durchschaubar aufpolieren lässt?

Der "Narzisst", so nennt er sich selbst, rechtfertigt sich und schwört seine Lektion gelernt zu haben. Das mag man bezweifeln, angesichts der kritischen Kommentare von Wegbegleitern wie der Galeristenlegende Rudolf Zwirner oder des Beuys-Schülers Heinz Baumüller, der zu Protokoll gibt, dass die Kunst für Achenbachs Geschäftstüchtigkeit austauschbar gewesen war.

Ein Robin Hood hinter Gittern

Hinzu kommt dessen sichtliche Zufriedenheit, die alten Erfolgsgeschichten erneut erzählen zu dürfen. Dazwischen reiht Regisseurin Birgit Schulz Fotostrecken von glitzernden Partys aneinander, gefolgt von Archivmaterial aus der Jugend des Ex-Hippies und dem Düsseldorfer Kunstmilieu, in dem spätestens in den 1980er-Jahre zeitgenössische Werke als "Wandaktien" entdeckt wurden. Irgendwann führt Achenbach in Archivaufnahmen ein Filmteam stolz durch das Lager seiner Firma Achenbach Art Consulting mit 2500 Werken – nach seiner Verurteilung wurden diese versteigert.

Geradezu grotesk muten seine ausschweifenden Berichte an, die Mitgefangenen hätten ihn als Robin Hood gesehen, der Milliardäre ausraubte, denen der Verlust nicht weh tat. Entlarvend auch der Auftritt des inzwischen selbst in Ungnade gefallenen Galeristen Johann König. Er versucht, den aus dem Gefängnis entlassenen Repräsentanten eines aus der Sicht des Jüngeren überkommenen Kunstmarkts in seinem Podcast aus der Reserve zu locken und schafft lediglich das Selbstporträt eines vermeintlich zeitgemäßeren, da demokratischeren Kunstprofiteurs zu skizzieren.

Während sich der verlässlich größenwahnsinnige Achenbach zum Schluss stilisiert als spät berufener Maler, dessen Aufstieg kurz bevorsteht, wünscht man sich tiefergehende Erkenntnisse über einen Kunstmarkt, der zweifelhafte Figuren wie ihn hervorbringt. Dass der millionenfache Schuldner zu guter Letzt seine Armut ins Spiel bringt und die Justiz in Frage stellt, spricht für sich - nicht aber für die Angriffslust der vor Faszination für das Stehaufmännchen gelähmten Regie.