Kunst für eine Mahlzeit

Die Rechnung, bitte!

Jonathan Monk geht gern essen und hat einen Weg gefunden, dabei auch noch Kunst zu machen. Die Rechnungen, auf denen der britische Künstler kleine Zeichnungen hinterlässt, begleichen später die Sammler

Restaurant, Café oder Imbiss, ganz gleich, Hauptsache die Rechnung stimmt. Auf den Papier-Belegen, die zwischen 1,40 Euro für einen Espresso bis zu einem ganzen Menü für knapp 100 Euro schwanken, hinterlässt Jonathan Monk bunte, zeichnerische Spuren, die sich an künstlerischen Arbeiten seiner berühmten Künstlerkollegen orientieren: Picassos Unterschrift, Donald Judds Skulpturen, Duchamps Pissoir. Readymades treffen auf Readymades. Danach verkauft er die neu erschaffenen Kunstwerke für den ursprünglichen Rechnungspreis. Es zahlt der Sammler. Aber wofür eigentlich?

Die auf vergänglichem Thermopapier gedruckten oder handschriftlich erzeugten Rechnungen sind die Grundlage von Monks "Restaurant Drawings", zu denen jetzt im New Yorker Karma Verlag ein 552-seitiges Fotobuch erschienen ist. Auch in die Casey Kaplan Gallery hat er es mit seinen angeeigneten Überbleibseln geselliger Restaurantbesuche geschafft. Verkauft werden die übermalten Rechnungen zum Preis des bestellten Essens dann über Jonathan Monks eigenen Instagram-Kanal "Monk Pictures". Egal ob einen, fünf oder 60 Euro: Es handelt sich um eine konzeptuelle Arbeit, bei der das Wieder- und Weiterverwenden, fast schon das Recyceln von Belegen des Zusammenseins im Fokus zu stehen scheint. Man bezahlt auch für einen auratisch aufgeladenen Gegenstand, kann einen winzigen Teil des Lebens eines bekannten Künstlers besitzen.  

Essen mit Kunst-Ikonen

Als Beleg für eine Erinnerung eignen sich die Rechnungen noch aus einem anderen Grund. Nicht nur der Restaurant-Besuch wird erinnert, das gesellige Zusammensein mit seiner Familie, alten oder neuen Freunden, sondern auch die künstlerischen Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern wie Marcel Duchamp, dem Urvater der Readymades, Sherrie Levine und Christoper Wool. Feine Bleistiftzeichnungen oder zartbunte Aquarelle, die den Rechnungstext durchschimmern lassen, verdoppeln den vergänglichen Charakter der Erinnerung an einen Restaurantbesuch.

Auf den Abbildungen der Rechnungen, die Monk in seinem Instagram-Feed postet, bestimmt er das Framing selbst. Indem er sich einen passenden Hintergrund aussucht, erhalten seine "Restaurant Drawings" einen Kontext, der seine Ideenfindung dokumentiert. Farbtests, Haftnotizen oder Cent-Stücke umranden seine auf Tischen oder Magazinen liegenden Rechnungen und erwecken so den Eindruck der Unmittelbarkeit. Als sei man selbst dabei gewesen – beim Restaurantbesuch oder danach, bei ihm zuhause, wo er die Rechnungen mit Zeichnungen versieht. Die Bildunterschriften verraten sodann den Preis für das "Kunstwerk" und seine Inspirationsquelle mit namentlicher Erwähnung der kreativen Urheberschaft.

In einem Interview mit "Art News" lässt der in Berlin lebende Künstler jedoch durchklingen, dass das Schreiben der Rechnungen für die Rechnungen die eigentliche Arbeit sei, weshalb er dieses Projekt wohlmöglich bald beenden werde: "Das Zeichnen an sich ist recht einfach, aber dann: Steuern und Unterlagen und Rechnungen - das wird wohl der Grund sein, warum ich damit aufhören werde. Ich muss die selbe Menge Papierkram für 20 wie für zwei Euro erledigen." Auf Monks Instagram-Kanal wird sein Rechnungen-Archiv aber noch eine Weile einsehbar sein – frei zugänglich und rund um die Uhr geöffnet.