Theater Wolfsburg

5 Fragen an Dirk Lattemann

Der Ex-Schauspieler ist neuer Intendant des Scharoun Theaters in Wolfsburg

Herr Lattemann, Ihre Intendanz beginnt mitten in der Corona-Krise. Können Sie dieser Ausnahmesituation irgendetwas Positives abgewinnen?
Das Theater erlebt eine schwierige Zeit. Regiemäßig kann man mit dem Thema Abstandsregeln und Distanz spielen, aber natürlich nicht auf Dauer. Wenn es überhaupt etwas Gutes geben sollte, dann vielleicht die Notwendigkeit, nach neuen Formaten zu suchen.

Gerade junge Menschen zieht es heute eher ins Internet als ins Theater. Hat das Schauspiel in Zeiten der Streamingdienste und On-Demand-Kultur denn überhaupt eine Zukunft?
Ich glaube, dass das Theater immer sein Publikum haben wird. Meiner Meinung nach sollten wir nicht versuchen, uns den Serien und On-Demand-Formaten anzunähern, die davon leben, dass sie immer verfügbar, immer schneller und notfalls per Pausenfunktion auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingehen. Unser Kernpunkt ist die soziale Nähe. Das Theater ist ein Treffpunkt, ein Ort des Austauschs, auch zwischen Schauspielern und Publikum. Wenn wir das im Auge behalten, haben wir sicher ein tragfähiges Alleinstellungsmerkmal.

Sie waren ursprünglich Schauspieler. Was hat Sie zum Rollenwechsel bewogen?
Das Leben. Es war sicher nicht alles so geplant. Mit 17, 18 Jahren zog es mich zur Schauspielerei. Aber ich merkte schon bald nach den ersten Engagements, dass es für mich Dinge im Leben gibt –Familienplanung, eine gewisse Sesshaftigkeit –, die dem Beruf des Schauspielers oftmals diametral gegenüberstehen. Ich habe mich dann mit einer Agentur selbstständig gemacht und im Veranstaltungssektor gearbeitet. Der Weg zurück zum Theater hat eine Weile gebraucht.

Was sind Ihre Pläne für das Scharoun Theater?
Ich will Sehgewohnheiten verändern. Gastspieltheater an sich haben ja oftmals etwas Provinzielles, und das meine ich wertfrei. Aber oft ist es eben so, dass die Tourneebühnen kommen und gehen und ein etwas traditionelles Programm abliefern. Neue, aufregende Produktionen sind eher bei freien Gruppen zu finden. Und da haben wir mit der Nähe zu Berlin, wo viel Innovatives entsteht, einen großen Vorteil. Im November kommt von dort die Costa Compagnie zu uns und wird einen Performance-Abend geben. Das ist etwas, das das Wolfsburger Publikum so noch nicht gesehen hat. In diese Richtung möchte ich gehen und durch neue Formate vielleicht auch ein jüngeres, heterogeneres Publikum ansprechen.

Verraten Sie uns zum Ende noch Ihr Lieblingsstück?
Die beste Inszenierung war sicherlich Turgenjews "Väter und Söhne" von Daniela Löffner am Deutschen Theater. Löffners Arbeit finde ich generell großartig, mit ihr einmal zusammenzuarbeiten wäre ein Traum.

Spielplan: theater.wolfsburg.de