"Vogue"-Interview

Neuer Met-Chef Hollein will lineare Lesart der Kunstgeschichte aufbrechen

Foto: dpa
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Max Hollein, der damalige Direktor von Städel, Schirn und Liebieghaus, im Städel-Museum vor dem Holbein-Bild "Goethe in der Campagna"

Seit Anfang des Monats ist der gebürtige Wiener Max Hollein Direktor des Metropolitan Museums in New York. Der 49-Jährige will an dem Haus die lineare Lesart der Kunstgeschichte aufbrechen und stattdessen aus multiplen Perspektiven und Blickwinkeln erzählen

Das Stammhaus an der 5th Avenue, dazu die sogenannten "Cloisters", die Außenstelle für mittelalterliche Kunst, und seit 2016 das Met Breuer: Das 1872 gegründete Metropolitan Museum ist mit über sieben Millionen Besuchern im Jahr das größte Museum der USA. Es umfasst eine der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt, steckt jedoch seit Jahren in der Krise: Ein geplanter 600 Millionen Dollar teurer Anbau musste aufgrund finanzieller Probleme abgesagt werden, Direktor Tom Campbell trat im Februar 2017 zurück, Besucher von außerhalb des Bundesstaats New York müssen seit Anfang des Jahres Eintritt bezahlen.

Als neuer Direktor möchte Max Hollein, der zuvor zwei Jahre das Fine Arts Museums of San Francisco leitete, das Haus am Central Park umstrukturieren. Es stehe eine generelle Neupositionierung im Wettstreit mit den anderen Museumsgiganten New Yorks an.

"Nur eine Übergangslösung" nennt Hollein das vor gut zwei Jahren bezogene Met Breuer. Im ehemaligen Gebäude des Whitney Museums, einige Straßenblocks entfernt vom zentralen Gebäude im Herzen der Upper East Side, wird momentan moderne und zeitgenössische Kunst ausgestellt. Auf lange Sicht müsse dieser Bereich grundsätzlich weiterentwickelt werden, neue Dialoge und komplexere Verbindungslinien geschaffen werden.

Für den in Deutschland vor allem als langjähriger Museumschef in Frankfurt bekannten Wiener steht ein enzyklopädisches Museum wie das Met momentan vor einer entscheidenden Frage der Neudefinition. In der heutigen globalisierten Welt gehe es nicht länger um das Versammeln verschiedener Kulturen an einem Ort, sondern um ein paralleles Geschichtenerzählen aus multiplen Perspektiven und Blickwinkeln. Von "Missverständnissen der Moderne" spricht Hollein in der "Vogue" und wünscht sich mit Blick auf die lineare Lesart der Kunstgeschichte für das Metropolitan Museum einen breiteren, überraschenden Dialog zwischen Stilen und Epochen.

Mit 49 Jahren hat er die Chance, dem legendären Philippe de Montebello zumindest nachzueifern: Der kam 1977 mit nur 41 Jahren und leitete das Met sagenhafte 31 Jahre lang.