Ausstellung in Paris

Die wunderbare Welt der Dora Maar

Sie war Fotografin, Surrealistin, Malerin: Im Pariser Centre Pompidou wird das schillernd-vielfältige Werk von Dora Maar ausgebreitet

Haken wir ihre Rolle als Picassos Muse schnell ab. Die Ausstellung über Dora Maar im Centre Pompidou tut das übrigens auch. Die umfassende Hommage in Paris legt den Fokus auf die Auftragsfotografie dieser facettenreichen Frau, auf ihre Werke als surrealistische Fotografin und Collage-Künstlerin und schließlich ihr weitgehend unbekanntes malerisches Werk.

Natürlich sind auch einige Picasso-Zeichnungen und -Gemälde mit dem Modell Maar zu sehen (insgesamt sollen es rund 60 Bilder von ihr sein). Im Winter 1935 lernten sie sich in Paris kennen. In ihrem Studio zeigte die Fotografin Picasso einige Dunkelkammertricks, die den Maler zu eigenen fotografischen Experimenten anregten. 1937 dokumentierte Maar schrittweise den Entstehungsprozess von "Guernica".

Zusammen mit dem Paul Getty Museum in Los Angeles und der Londoner Tate Modern gibt das Centre Pompidou nun erstmals einen umfassenden Überblick über das Schaffen Dora Maars, die 1907 als Henriette Theodora Markovitch in Tours geboren wurde. Nach ihrem Tod 1997 in Paris wurde ihre Hinterlassenschaft in alle Winde verstreut. Inzwischen wurde ihr Werk neu gesichtet und neu bewertet. Besondere Faszinationskraft übt ihr vielfältiges Schaffen bis in die 40er-Jahre aus. Später zog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück. Dass sich Picasso einer anderen Geliebten zugewandt hatte, war wohl mitverantwortlich dafür, dass Maar aus dem seelischen Gleichgewicht geriet und zeitweise in einer Nervenklinik behandelt wurde. Sie kaufte sich später ein Haus in der Provence, ohne Paris ganz den Rücken zu kehren, malte, zeichnete, suchte und fand Halt im katholischen Glauben.

Auch Täler und schattige Winkel einer Karriere

In den 50er-Jahren soll Dora Maar viele Arbeiten zerstört haben. Im letzten Drittel der Ausstellung dominiert ihre Malerei. Gerade ihre impressionistisch-abstrakten Landschaftsminiaturen sind hochinteressant. Dass sie nach vielen Jahrzehnten nun nicht zu Meisterwerken hochgejazzt werden, verdankt sich den Kuratorinnen. Damarice Amao und Karolina Ziebinska-Lewandowska zeichnen ein Künstlerinnenleben nach, das nicht unentwegt von Höhepunkt zu Höhepunkt springt. Zu einer Retrospektive gehören auch die Täler und schattigen Winkel einer Karriere.

Hinreißend ihre fotografischen Werke und Fotomontagen. Einen surrealen Touch hatten schon ihre Auftragsarbeiten. Gemeinsam mit einem Filmkulissenbildner gründete die 24-Jährige 1931 ein Fotostudio in Paris, änderte ihren Namen in Dora Maar und begann, alle möglichen Aufträge anzunehmen, ob für Mode, Produktwerbung oder erotische Magazine. Für eine Hautcreme gegen Falten fotografierte sie Nusch Éluard (Ehefrau des surrealistischen Dichters Paul Éluard) und legte per Doppelbelichtung ein Spinnennetz über das Gesicht. Auf einer Surrealistenausstellung 1936 hing ihr "Portrait d’Ubu", inspiriert von der Donald Trump vorwegnehmenden Titelfigur "König Ubu" des Dramatikers Alfred Jarry. Dora Maars Ubu sieht aus wie ein Gürteltierfötus.

Sie teilte die Weltsicht der Surrealisten, ihre Auffassungen von Kunst und Politik. Sie unterschrieb ihre Manifeste, fotografierte ihre Aktionen und holte André Breton, Jean Cocteau oder Yves Tanguy in ihr Fotostudio, um sie zu porträtieren. Auch diese Bilder sind Teil der spannenden Schau über eine Künstlerin, die definitiv ein Leben vor und nach Picasso hatte.