Gerichtsurteil

Eigentum an gestohlenen Bildern? BGH verweist Fall zurück

Kann man Eigentum an einem gestohlenen Kunstwerk erlangen? Wenn man es in gutem Glauben gekauft und zehn Jahre besessen hat, laut Gesetz schon. Ein solcher Streit um zwei Gemälde hat vor dem BGH aber noch kein Ende gefunden

Ein Großhändler bekommt von seinem Stiefvater zwei gestohlene Ölgemälde des Kunstmalers Hans Purrmann geschenkt. Ob er viele Jahre später zum Eigentümer geworden ist oder ein Erbe des Malers die Kunstwerke im Wert von möglicherweise 100 000 Euro zurückfordern kann, muss jetzt ein zweites Mal das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg entscheiden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Freitag das Berufungsurteil auf und verwies den Fall an einen anderen Senat nach Nürnberg zurück. Das OLG hatte die Gemälde dem Großhändler zugesprochen. (Az. V ZR 255/17)

Bei den Bildern handelt es sich nach Angaben des Klägers um die Originale «Frau im Sessel» von 1924 und «Blumenstrauß» von 1939. Sie waren der Familie des 1966 gestorbenen Künstlers 1986 gestohlen worden. 2009 tauchten sie bei einem Autotechnik-Großhändler ohne Kunstkenntnisse wieder auf. Der Großhändler sagt, er habe die Gemälde in den späten 1980er Jahren von seinem Stiefvater geschenkt bekommen, der sie von einem Antiquitätenhändler gekauft habe.

Er beruft sich darauf, die Bilder mehr als zehn Jahre in gutem Glauben besessen und damit das Eigentum daran erworben zu haben. Juristen nennen diesen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Vorgang «Ersitzung». Wer etwas «ersitzen» will, muss nachweisen, dass er es seit zehn Jahre lang besitzt.

Die Beweislast bei Zweifeln am guten Glauben liege bei der Gegenseite, sagte die Vorsitzende des V. Zivilsenats, Christina Stresemann. Das gelte auch, wenn dem früheren Besitzer die umstrittene Sache gestohlen wurde oder abhanden kam. "Es ist Sache des Klägers, die Darstellung zu widerlegen."

Das Gesetz sehe ganz klar die geteilte Beweislast vor. Wenn das als Überforderung empfunden werde, sei es Sache des Gesetzgebers, das zu ändern, sagte Stresemann.

Zwar gibt es nach dem BGH-Urteil für die "Ersitzung" keine generelle Pflicht für Laien, Nachforschungen beim Erwerb eines Kunstwerkes anzustellen. Der Käufer könne aber bösgläubig sein, wenn er Umstände unbeachtet lasse, die seinen Verdacht erregen mussten.

Das OLG hatte nach Überzeugung des BGH nicht ausreichend gewürdigt, ob die Angaben des Großhändlers zu der Frage, wie er in den Besitz der Bilder gekommen war, als widerlegt anzusehen sind oder nicht. Außerdem gebe es Verfahrensfehler.

Ins Rollen gekommen war der Fall, weil die Tochter des Großhändlers 2009 ein Auktionshaus in der Schweiz kontaktiert hatte, um die Gemälde zu veräußern. Ein Mitarbeiter besichtigte die Kunstwerke und verständigte die Polizei, weil sie als gestohlen gemeldet waren. Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hehlerei wurde eingestellt, die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte die Gemälde allerdings und hinterlegte sie beim Amtsgericht Ansbach.