Berlins urigstes Ballhaus wird renoviert

Ein letzter Schwoof im Clärchens

Jeansverbot, Tanztee und Ruinenromantik: Geht mit dem Eigentümerwechsel von Clärchens Ballhaus ein rares Stück Alt-Berliner Charme verloren?

In der Berliner Institution Clärchens Ballhaus wird am heutigen Samstag zum vorerst letzten Mal getanzt. Das Gebäude wurde im Sommer an den Fotografen Yoram Roth verkauft und der Mietvertrag der bisherigen Betreiber – zur Empörung des Stammpublikums – nicht verlängert.

Das 1913 von Clara und Fritz Bühler eröffnete Kultlokal mit seinen Einschusslöchern an der Fassade, dem bröckelnden Stuck an der Decke und dem urigen Personal (Wer kennt sie nicht, "die Schmidtkes"?) hat zwei Weltkriege, ein geteiltes Berlin, Mauerfall, 30 Jahre investorenfreundliche Stadtpolitik und unzählige rauschhafte Nächte überstanden. Heinrich Zille zeichnete bereits an der Theke, Franz Biberkopf war Stammgast. Filmemacher fanden Gefallen an Clärchens: Unter anderem wurde hier Szenen von Quentin Tarantinos "Inglorious Basterds" gedreht.

"Als wäre es nie angefasst worden"

Strategisch geschickt feierten Galerien in den 2010er-Jahren ihre Eröffnungspartys in der Tanzwirtschaft, weil Kunstsammler vor allem aus den USA die Ruinenromantik der deutschen Hauptstadt so zu schätzen wussten. Die Berlin-Biennale und das BMW-Guggenheim luden hier zu Empfängen, Susanne Pfeffer stieß im Ballhaus auf ihren Abschied als KW-Leiterin an. 

Yoram Roth, der vor Jahren das private Fotografie-Museum Fotografiska in Stockholm mehrheitlich übernommen hat, weiß offenbar um das Vermächtnis und möchte den Charme des Hauses trotz Sanierungsarbeiten erhalten: "Ich will, dass das Gebäude hinterher so aussieht, als wäre es nie angefasst worden." Sobald Barrierefreiheit, Brandschutz und Klimatisierung geschaffen sind, soll – unter einem neuen Pächter – Clärchens Ballhaus wieder öffnen.