In Emden wird Joan Mitchell als Größe des abstrakten Expressionismus geehrt

Joan Mitchell war tough. Selbst in der Cedar Tavern, dem New Yorker Debattier-Etablissement der abstrakten Expressionisten, verschaffte sich die 1926 geborene Amerikanerin Anerkennung. Willem de Kooning und Franz Kline akzeptierten sie als Freundin. Und Chronisten bescheinigten ihr „ein Mundwerk, das einen Seemann neidisch gemacht hätte“. Bis Mitte der 50er-Jahre hatte sie schon großartige Bilder gemalt. „Hemlock“ etwa – eine Tanne, unter den Schichten weißwattigen Schnees kaum zu erkennen, als hätte Mitchell just den Moment getroffen, da in der Natur der Gegenstand in der Abstraktion versinkt.
Dann verlagerte sie ihren Lebensmittelpunkt von New York nach Paris, später ins nordwestlich davon gelegene Vétheuil. Ihre Pinselschwünge wurden luftiger, die Farben leuchtender, die Bilder freier: mal linear, fast seriell, mal knotig und verwirbelt. Sie attackierte die Leinwände so kraftvoll und kantig, dass sie sich ihrem Lieblingsmotiv, dem Blumigen, zuwenden konnte, ohne in den Verdacht des Gefälligen zu geraten.
Mitchell, die 1992 starb, war 1959 auf der Documenta II vertreten, in den USA hängen ihre Werke heute im MoMA oder im Whitney Museum. Die Kunsthalle in Emden hat für ihre erste deutsche Einzelausstellung 34 Werke zusammengetragen. Verblüffend, wie die „Sunflowers“ von 1990/91 noch einmal die Farben des Sommers aufleben lassen. Am Parcours-Ende dagegen setzt eine etwas kraftmeierische Paraphrase eines Kornfeldes von van Gogh nicht den stärks­ten Akzent. Doch sei’s drum: Mitchell hat die gut 20 Quadratmeter ironisch „A Small Garden“ genannt. Karin Schulze

Kunsthalle Emden, bis 8. März