Messe-Gründerin Julie Leopold

"Dänemark gewinnt als Kunststandort immer mehr Anerkennung"

Die Enter Art Fair bringt die internationale Kulturszene nach Kopenhagen. Im Interview zeigt sich Messe-Gründerin Julie Leopold stolz auf die starke nordische Präsenz - doch sie will auch Brücken zum Rest der Kunstwelt bauen


Julie Leopold, Sie haben 2019 die Enter Art Fair in Kopenhagen gegründet. Gab es Ihrer Meinung nach zu wenige Kunstmessen in Dänemark?

Absolut. Vor allem fehlte eine mit internationaler Ausrichtung. Ich habe viele Jahre in der Kunstwelt gearbeitet, sowohl in Dänemark als auch international, und mir da immer wieder dieselbe Frage gestellt: Warum hat Kopenhagen keine richtige internationale Kunstmesse? Es gibt hier eine so starke Szene. Uns fehlte lange Zeit eine Plattform, die der Kunst und dem Markt hier wirklich gerecht wird. 

Die Enter Art Fair ist heute nicht nur die größte Kunstmesse in Dänemark, sondern auch in ganz Skandinavien. Was macht sie so erfolgreich?

Ich denke, unsere Ausstrahlung ist anders als die von vielen anderen großen Messen. Wir legen Wert auf Qualität und kuratorische Stärke, sind aber gleichzeitig darauf bedacht, eine offene und inklusive Atmosphäre zu schaffen. Wir möchten sowohl erfahrene Sammlerinnen und Sammler als auch Menschen willkommen heißen, die gerade erst anfangen, Kunst zu entdecken. Wir sind fest davon überzeugt: Kunst sollte für alle zugänglich sein. Die Enter Art hat also diese spezielle Mischung aus Ernsthaftigkeit und Offenheit.  

Wie viele Galerien stellen auf der Enter Art aus? Und legen Sie besonderen Wert auf lokale Galerien?

Dieses Jahr präsentieren wir ganze 94 Galerien aus 19 Ländern. Tatsächlich haben wir eine starke nordische Präsenz - und darauf sind wir stolz. Aber wir sind auch eine internationale Messe. Es geht uns um diesen Mix zwischen lokal und global. Es ist uns wichtig, dass dänische und skandinavische Galerien Seite an Seite mit führenden internationalen Häusern ausstellen. Das steigert einerseits die Sichtbarkeit der Region und ermöglicht andererseits den Austausch zwischen den skandinavischen Galerien und denen aus dem Rest der Welt.

Gibt es in diesem Jahr ein besonderes Highlight auf der Messe, die Ende August stattfindet?

Ja. Ich freue mich dieses Jahr besonders auf unser Talk-Programm, bei dem sowohl Kunstschaffende als auch Kuratorinnen und Sammler zusammenkommen. Außerdem bringen wir den Outdoor Sculpture Park zurück, der immer ein Favorit bei unseren Besucherinnen und Besuchern ist.

Viele Kunstmessen und Galerien weltweit klagen momentan darüber, dass die allgemeine Kauflust stark gesunken ist. Ist das auch in Dänemark der Fall?

Ja, auch wir spüren diese allgemeine Unsicherheit und Zurückhaltung beim Kauf von Kunst. Wir haben aber auch viele Sammlerinnen und Sammler, die sich in diesen Zeiten bewusst dafür entscheiden, Kunst zu kaufen und dafür auf anderen Luxus zu verzichten. Das macht uns als Kunstmesse natürlich Hoffnung.

Wie steht es eigentlich um Dänemark als Kunststandort? Fühlen Sie sich neben den großen Playern wie London oder New York manchmal international übersehen?

Ehrlich gesagt nicht. Dänemark hat viele Museen von Weltrang, ein sehr starkes Galeriensystem und auch ein Publikum, das sich wirklich mit zeitgenössischer Kunst auseinandersetzt. Wir gewinnen auch international immer mehr an Anerkennung. Unsere Aufgabe ist es jetzt, dafür zu sorgen, dass das so bleibt und internationale Kunst-Interessierte immer wieder nach Dänemark kommen.

Womit beschäftigt sich die junge, zeitgenössische Kunst gerade in Dänemark?

Auffallend viele Künstlerinnen und Künstler arbeiten interdisziplinär. Sie verbinden zum Beispiel Performance, Video, Handwerk und Installation. Und es gibt auch hier einen starken Fokus auf Identität, care und ökologische Fragen. Ich sehe da eine beeindruckende Selbstsicherheit in vielen dieser aufstrebenden Stimmen - als würden sie die Regeln kennen, aber sich bewusst entscheiden, sie zu ihren eigenen Bedingungen neu zu schreiben. Das ist sehr inspirierend.

Was erhoffen Sie sich für die Zukunft Dänemarks als Kunst-Hub?

Ich hoffe, dass wir zu einem festen Termin auf dem internationalen Kalender werden - nicht nur für Messen oder Events, sondern auch für Forschung, Kollaboration und Entdeckungen in der Kunst. 

Und für die Enter Art Fair?

Meine Vision ist, dass die Enter weiterhin wächst - nicht nur in ihrer Größe, sondern vor allem in ihrer Relevanz. Wir möchten weiterhin Brücken zwischen Skandinavien und dem Rest der Kunstwelt bauen. Wenn es uns gelingt, einen Raum zu schaffen, der sowohl ambitionierte Ziele verfolgt als auch einladend für alle Menschen ist, dann sind wir auf dem richtigen Weg.