Hans Arp und Auguste Rodin

Ein erstklassiges Sehvergnügen

Der eine gilt als großer Erneuerer der Bildhauerei des späten 19. Jahrhunderts, der andere als Protagonist der abstrakten Skulptur. Aber was haben sich Hans Arp und Auguste Rodin künstlerisch zu sagen? Die Fondation Beyeler findet spannende Bezüge

In Nicht-Corona-Zeiten wäre "Rodin / Arp" ein sicherer Blockbuster gewesen: Mit 106 Leihgaben aus 30 Museen und 13 Ländern lädt die Fondation Beyeler in Kooperation mit dem Arp Museum Rolandseck in Remagen und dem Musée Rodin in Paris zum Gipfeltreffen zweier Größen der europäischen Bildhauerei. Nach dem Monate währenden Lockdown, in dem das Museum mustergültig in die digitale Welt ausgewichen ist (unter anderem mit einem Auftritt in dem Computerspiel "Animal Crossing"), ist "Rodin/Arp" seit Montag wieder geöffnet, zur Feier des Lockdown-Endes ist der Eintritt an den ersten beiden Tage frei.

Begrüßt wird man vom überlebensgroßem "Denker" (1903), der erstmals ausgeliehen wurde und im Zwiegespräch mit Arps "Ptolemäus III" (1961) verharrt. Dieser Dialog setzt sich in der Ausstellung produktiv fort: Auguste Rodin wird als Hans Arps Vorbild vorgestellt, im ersten Saal findet seine "Kauernde" (1906–08) ihr abstraktes Echo in Arps "Automatischer Skulptur (Rodin gewidmet, 1938)".

Die Hommagen des jüngeren Dadaisten auf den Pionier der modernen Skulptur sind geschickt arrangiert, sodass kein didaktischer Parcours entsteht. Arps Gedicht "Rodin" (1925) ist eine humorvolle Huldigung des Meisters, dem er in Paris begegnet sein könnte. Durch das Arrangement der Exponate in den Ausstellungssälen balanciert das Auge zwischen den rauen Bewegungen von Rodins Skulpturen und den glänzend-glatt polierten Oberflächen Arps. Es ist ein Rendezvous
von Freunden; beide Künstler verband eine Faszination für Natur und Bewegung.

Wie radikal ihre Entscheidungen waren, wird in der musealen Präsentation hingegen nicht wirklich deutlich: Nachdem Rodin die Skulptur vom Sockel nahm, ließ Arp sie aus dem Boden wachsen. Studien beider Künstler hingegen ergänzen das Ausstellungskonzept perfekt. Hier kann man sehen, wie beide ihre Motive zerlegten und neu justierten. Rodins Experimente veranschaulichen, wie der Zufall erstmals in der Bildhauerei seine Rolle fand.

Die kreative Inspiration endet nicht bei den Skulpturen. Die belgische Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker wird vom 18. bis 28. März mit einer Neuproduktion täglich Bewegung in die Ausstellung bringen.