Neueröffnung des Foto Arsenals in Wien

"Aus einem VW Käfer einen Rolls-Royce gebaut"

Ende März eröffnet das neue Foto Arsenal in Wien. Das Kunsthaus will nicht weniger, als sein Medium in all seinen Facetten zeigen und in die breite Öffentlichkeit tragen. Ein Baustellenbesuch

"Wir haben aus einem VW-Käfer von 1959 einen Rolls-Royce gebaut." Felix Hoffmann schaut sich in dem kahlen, modernen Ausstellungsraum des Wiener Foto Arsenals um, fährt mit dem Finger über Bodenleisten auf der Suche nach überschüssigem Schaumstoff, der eigentlich gut versteckt sein sollte. "Das ist Hightech hier. Wir haben in den Räumen eine Niedrigenergie-Fußbodenheizung mit Be- und Entlüftung und Be- und Entfeuchtung. Alles, was die Leihgaben von großen Museen benötigen, können wir hier leisten. Auch Werke aus dem MoMA oder der Tate wären bei uns gut versorgt." 

18 Monate dauerte der Umbau des neuen Foto-Standorts im Wiener Bezirk Landstraße. Und auch zwei Wochen vor der Eröffnung am 21. März ist hier noch reger Baustellenbetrieb: Im Erdgeschoss wird gebohrt, geschraubt und gesägt. Der Boden ist mit Pappe ausgelegt, einsame Kabel hängen von der Decke. Es riecht nach frischer Farbe und behandeltem Holz. Von Bildern bisher keine Spur. Doch Felix Hoffmann, künstlerischer Leiter, ist überzeugt: Es wird alles pünktlich fertig. 

Umringt von den Probebühnen des Burgtheaters, den Opernwerkstätten und dem Heeresgeschichtlichen Museum wird das neue Ausstellungshaus für Fotografie und Lens Based Media Bestandteil eines sogenannten "Kultur Clusters". "Die Idee war, sich zu dezentralisieren und die Kunst aus dem Ersten Bezirk ein bisschen rauszuholen", so Hoffmann. Zum neuen Kultur-Ballungsraum gesellt sich auch das Filmmuseum LAB, das gemeinsam mit dem Foto Arsenal in das Objekt 19 des ehemaligen Militärgeländes zieht. Es handelt sich um ein rotes Backsteingebäude, das wohl längere Zeit eine Waffenschmiede war, nach dem Zweiten Weltkrieg dann aber zu einem Verwaltungs- und Garagentrakt der Österreichischen Bundestheater wurde.

"Die ganzen Facetten der Fotografie"

Im Erdgeschoss des Gebäudes ist in den letzten Monaten eine Ausstellungsfläche mit rund 1000 Quadratmetern entstanden. Ab dem 22. März werden dort zwei Ausstellungen gezeigt. Das prominente Aushängeschild ist eine Schau zur wohl wichtigsten internationalen Fotoagentur überhaupt: Magnum. Darin wird mit über 300 Werken auf die fast 80-jährige Historie der Institution zurückgeschaut. Einblicke in das Archiv illustrieren das fotografische Handwerk und beleuchten der Öffentlichkeit verborgene Arbeitsstrukturen der Agentur. "Es wird wie ein Parcours, der die ganzen Facetten der Fotografie abbildet. Wir werden Dunkelkammerprozesse vorstellen und haben auch 18 Fallbeispiele von alten analogen Vorgehensweisen herausgelöst."

Dem gegenüber steht mit Simon Lehners Einzelschau "Clean Thoughts/Clean Images" eine junge, lokale Position. Die Balance aus national und international, unbekannt und renommiert – das soll laut Hoffmann eine programmatische Konstante des Hauses werden. 

Während in der Magnum-Ausstellung das Medium der Fotografie in seiner klassischen Schönheit im Fokus steht, verbindet Lehner in einem aufwändigen Bearbeitungsprozess Zwei- mit Dreidimensionalem, lässt aus Fotografien Skulpturales entstehen und rundet seine Hybride mit einem Hauch von Malerei ab. Dabei widmet sich der 29-Jährige fundamentalen Themen wie Familie und Identität. "Gerade die Grenzen zum Bewegtbild, zur digitalen Kultur, wie wir sie teilweise auch bei Simon Lehner finden, wollen wir immer wieder ins Programm implementieren", so Hoffmann.

"Ich mag ja Baustellen"

Konstitutiv zum Foto Arsenal gehören auch ein Museumsshop, ein Gastronomiebereich, Büros und Arbeitsräume mit einer eigenen Dunkelkammer. Hoffmann sieht gerade in den Workshops mit Kindern und Jugendlichen, in Kursen, die bei jungen Menschen die Medienkompetenz erhöhen, das "wichtigste Spielbein" des Hauses. "Wir wissen alle, dass die wenigsten Kinder und Jugendlichen den Weg hierher finden, deshalb werden wir auch viel rausgehen in die Bezirke und mit karitativen Einrichtungen und Schulen Workshops machen. Sowohl im analogen als auch im digitalen Bereich."

2022 kehrte Hoffmann nach beinahe 18 Jahren dem renommierten deutschen Ausstellungshaus C/O Berlin den Rücken und zog für die leitende Position des Foto Arsenals nach Wien. Ob diese Entscheidung rückblickend auch die richtige gewesen sei, möchte man am Ende noch wissen, schließlich sei das C/O ja doch irgendwie sein Baby gewesen. 

"Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Mit dem Foto Arsenal musste ich wieder bei Null anfangen – es gab keine Leute, keine Homepage, keine Infrastruktur. Aber ich mag ja Baustellen." Er lacht - und überprüft nochmal, ob da unten rechts wirklich kein Schaumstoff rausquillt.