Bilder aus Apartheid-Zeiten

Das Fotostudio als Versuchslabor

Selbstbewusst, stilvoll und überraschend: Im Fotostudio Z.J.S Ndimande and Sons spielten Südafrikanerinnen und Südafrikaner während der Apartheid mit Identitäten 

Richard Ndimandes Übernahme des Fotostudios, das sein Vater über zwanzig Jahre zuvor gegründet hatte, erfolgte zeitgleich mit einer politischen Zäsur. Der Group Areas Act von 1968, eines der zahlreichen gravierenden Rassendiskriminierungs-Gesetze der Apartheid, unterteilte die urbanen Räume Südafrikas in segregierte Viertel. Z.J.S Ndimande and Sons musste aus Greytown nach Enhlalagahe umziehen, eine von Kriminalität und Armut geprägtes Township, die nur mit einer Genehmigung betreten werden durfte.

Ndimandes Aufnahmen aus der damaligen Zeit sieht man ihren politischen Kontext erstaunlich wenig an. Das aus vier Alben und über 1.100 losen Fotografien bestehende Archiv der Jahre 1968 bis 1983 zeigt trendbewusste Südafrikanerinnen und Südafrikaner in Bikini und zerrissener Jeans, die Schallplatten in die Kamera halten, mit einem Telefon posieren oder sich lässig auf einem Schemel zurücklehnen. Die Aufnahmen sind dabei auch ein Zeugnis der Koexistenz zeitgenössischer und traditioneller Kultur: Eine Frau in traditioneller Stammeskleidung posiert mit Sonnenbrille und Regenschirm, eine weitere hält einen kleinen Jungen in Pullover und Schlaghose an der Hand.

Versuchslabor der Aspirationen

Lange Zeit gab es wenig öffentliches Interesse für derartiges Fotomaterial. Wenn überhaupt widmeten Archive und Museen ihre Aufmerksamkeit den Abbildungen von Traditionskleidung wie den perlenreichen Ensembles der Zulu. Doch seit einigen Jahren wird dem südafrikanischen Fotostudio auch als Raum zur Erprobung hybrider Identitäten Beachtung geschenkt. Eine Ausstellung in der New Yorker Walther Collection zeigte 2016 beispielsweise Aufnahmen aus dem Studio des Fotografen S.J. “Kitty” Moodley, der seine Räumlichkeiten auch als Versammlungsort für die Anti-Apartheid-Bewegung zur Verfügung stellte.

"Zur Zeit der Apartheid gehörten Fotostudios zu den wenigen Orten, an denen sich Menschen frei ausdrücken konnten", erklärt Helene Love-Allotey, Expertin für moderne und zeitgenössische afrikanische Kunst des Auktionshauses Bonhams, bei dem das komplette Ndimande-Archiv am 18. März versteigert wird (trotz Coronavius hält das Auktionshaus weiter an dem Termin fest). Während der Apartheid wurden Fotostudios als geschützte und neutrale Räume zu Versuchslaboren der Aspirationen, in denen verschiedensten Identitäten durch persönlichen Stil Ausdruck verliehen wurde. Mit Stolz, Eleganz und Albernheit wurden hier alternative Bilder des Widerstands geschaffen.