Kunstmesse Fiac

Gehobene Stimmung in Paris

Seit zehn Uhr morgens warteten die Aussteller am Previewtag im Erdgeschoss der Fiac auf die Sammler. Dabei muss ihnen die 38. Ausgabe der Messe zunächst wie das unter mysteriösen Umständen verlassene Segelschiff "Marie Céleste" vorgekommen sein. Die Organisatoren hatten dafür gesorgt, dass die VIPs ihren Rundgang bei den jungen (oder auch nicht mehr ganz so jungen) Galerien in den oberen Etagen der Fiac starteten.

Tatsächlich machten einige von ihnen gleich einen ganz großen Fang, wie Johann König mit einer Helen-Marten-Einzelausstellung. Die Berliner Galerie erhielt den Galeries Lafayette-Preis und der Lafayette-Erbe Guillaume Houzé kaufte alle Arbeiten der Künstlerin. „Und das Allerbeste: Sie kann im Palais de Tokyo ausstellen“, erklärte Johann König. Und fügt hinzu: „Ich finde die Fiac funktioniert besser als die Frieze. Sie hat mehr Esprit. Die Frieze hat kuratorisch das stärkere Image, aber hier kann man interessantere Käufe machen. Ich habe hier mehr Sachen gesehen, die ich gerne kaufen würde, als in London.“ Mit diesem Gefühl steht er offenbar nicht allein da: Zwei Sammler aus Aachen erzählten, dass sie dieses Jahr lieber die Fiac besuchten als die Frieze.

Die Erklärung, warum die jungen Galerien zuerst von der Preview profitieren sollten, war auch nachvollziehbar. Sie waren an schwierigen Ausstellungsorten platziert, die häufig, wegen fehlender guter Beschilderungen, nicht einfach zu finden waren. „Für uns ist die Fiac enorm wichtig, aber wir haben das Gefühl, geopfert worden zu sein“, bedauert dennoch ein Galerist. „Einige Sammler, die wegen des Erdgeschosses gekommen waren, waren verärgert darüber, sich erst den 'Kindergarten' anschauen  zu sollen“, erzählte ein Besucher. Dabei gab es absolut keinen Grund, ärgerlich oder kritisch zu sein: Die Sektion war ebenso abwechslungsreich wie von hoher Qualität. Zudem gab es einige Entdeckungen zu machen, wie Elisabetta Benassi bei der römischen Galerie Magazzino und Robert Heinecken bei Cherry and Martin aus Los Angeles: eine große Collage des amerikanischen Künstlers fand sofort einen Käufer.

„Das europäische Publikum kann sein Werk besser schätzen. Viele amerikanische Künstler, wie etwa Peter Saul, wurden zuerst in Europa wahrgenommen“, bemerkt Philip Martin. Ein belgischer Sammler schnappte sich ein Werk von Angel Vergara bei Cortex Athletico (Bordeaux), während die Pariser Galerie Laurent Godin eine von zwei Skulpturen von Peter Buggenhout an einen israelischen Sammler abgab. Aber die Kunsthändler im Erdgeschoss waren ungeduldig. Umso mehr, weil einige am Vortag, an dem geschäftig aufgebaut wurde, den heimlichen Besuch der milliardenschweren Sammler François Pinault und Bernard Arnault verpasst hatten. Sie waren erschienen, während viele Galeristen beim vom Musée d`Art Moderne de la Ville de Paris organisierten Abendessen waren.

Schließlich kam doch eine gehobene Stimmung auf. „Es war ganz genau so gut wie wir gehofft hatten“, sagte Michele Casamonti von der Pariser Galerie Tornabuoni, bei der drei Arbeiten mit einem Gesamtwert von drei Millionen Euro reserviert wurden. „Verglichen mit vor zwei oder drei Jahren zeigt sich, dass den Leuten die Autonomität des Kunstmarktes bewusst ist. Es herrscht weniger der Eindruck von Lähmung.“ Die New Yorker Galerie David Zwirner verkaufte ein fuchsiafarbenes Bild von John McCracken an Thierry Gillier, den Besitzer von Zadig & Voltaire, vermittelt von Beraterin Patricia Marshall. „Es ist fantastisch, viel besser als im vergangenen Jahr“, schwärmte Paula Cooper (New York), die Patricia Marshall eine Arbeit von Sherrie Levine verkaufte. „Hier kann man sich wieder auf die Kunst konzentrieren“, erklärte Barbara Gladstone (New York, Brüssel), die Andro Wekua ausstellte.

Auch wenn die britischen und amerikanischen Galerien nach außen hin zufrieden wirkten – ob sie die Atmosphäre mochten oder den Standort der Messe am Grand Palais – , manchmal befremdete sie der langsame Rhythmus der Fiac. „Viele vergessen, dass jede Messe ihren eigenen Rhythmus hat. Hier passiert jeden Tag etwas und es ist wichtig, zu bedenken, dass die Messe eine Woche lang dauert“, betont Adam Scheffer, Direktor der New Yorker Galerie Cheim & Read, die bereits eine Skulptur von Louise Bourgeois für rund eine Million US-Dollar an einen saudi-arabischen Sammler und ein Gemälde von Chantal Joffe für 70.000 Dollar an einen südafrikanischen Sammler veräußern konnte. Dem Pariser Galeristen Michel Rein gelang es, einen chinesischen Käufer von einem Michael-Riedl-Gemälde zu überzeugen. Andere Aussteller wollen ihre Einschätzung der Geschäfte erst am Ende der Woche abgeben.

Fiac, Paris, bis 23. Oktober
Dieser Text erschien zuerst im "Le Quotidien de l'art", Übersetzung: Carola Torti