Verstecktes DDR-Wandbild

Neubrandenburg legt im Rathaus überklebte DDR-Kunst wieder frei

Wolfram Schubert, der 93-jährige Maler des freigelegten Bildes
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Wolfram Schubert, der 93-jährige Maler des freigelegten Bildes

Kunstwerke von Vorzeigekünstlern der DDR waren nach 1990 nicht mehr gut gelitten. Etliche "sozialistische Auftragskunst" verschwand, manches wurde versteckt - wie in Neubrandenburg. Dort wird der "Kampf und Sieg der Arbeiterklasse" nun wieder freigelegt

In der Ex-DDR-Bezirksstadt Neubrandenburg hat eine neue Etappe im Umgang mit DDR-Kunst begonnen. Eine Restauratorin begann am Donnerstag im heutigen Rathaus mit der Freilegung des zweiteiligen Bildes "Kampf und Sieg der Arbeiterklasse" von Wolfram Schubert, das vor 29 Jahren überklebt worden war. "Wir können heute viel offensiver mit solcher Kunst umgehen, als gleich nach der Wende", sagte Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos).

Der 93-jährige Schubert war am Donnerstag dabei und freute sich, dass sich die überklebte Tapete bei einem Test gut ablösen ließ. Der Maler hatte das Werk 1969 für die SED-Bezirksleitung und den Rat des Bezirks geschaffen. Das Haus wurde 1990 zum Rathaus wird nun saniert. Anlass für das Kunstwerk war damals das 20. Jubiläum der DDR. Rund ein Jahr habe er samt Entwurf daran gearbeitet, sagte der Künstler.

"Heute würde ich das so nicht mehr malen", meinte Schubert auch mit Blick auf die Ereignisse im Prager Frühling 1968. "Wir haben uns ja alle ein bisschen benutzt gefühlt." Schubert lebt in der Uckermark, war viele Jahre Vorsitzender des Bezirksverbands Bildender Künstler in Neubrandenburg und galt als einer der einflussreichsten Künstler der DDR.

Der Künstler selbst bietet Hilfe bei Restauration an

Oberbürgermeister Witt rechnet mit bis zu 100.000 Euro für eine vollständige Freilegung des 30 Quadratmeter großen Werks, auf dem unter anderem Karl Marx und Wladimir Iljitsch Lenin abgebildet sind. Eine Stiftung habe angeboten, zu helfen. Die genauen Kosten will Restauratorin Helma-Konstanze Groll nun ermitteln.

Sind diese geklärt, soll das Ganze in den Ablauf der Rathaussanierung eingepasst werden. "Ich glaube, da muss gar nicht viel nachgearbeitet werden", sagte die Restauratorin. Schubert kündigte an, bei Bedarf auch selbst auf das Gerüst zu steigen und sein Bild aufzufrischen. Er habe das schon probiert. "Eine Restaurierung geht aus rechtlichen Gründen immer am besten, solange der Autor des Bildes noch lebt", sagte Witt. Neubrandenburg will ein weiteres großes Werk von Schubert erhalten: Ein Wandbild an einem 30 Meter hohen Hochhaus. Es sollte damals an die "Quellen des Marxismus-Leninismus" erinnern - wird aber im Volksmund "Leiterplatte" genannt.