Wal-Skulptur

Gestrandet

2018 hat der Bildhauer Gil Shachar in Südafrika einen gestrandeten Buckelwal abgegossen. Die Riesenskulptur, die nun in Bochum zum ersten Mal ausgestellt wird, ist ebenso gewaltig wie melancholisch

Auf den ersten Blick wirkt es schon ziemlich surreal, was gerade in den Räumlichkeiten des Kunstmuseums Bochum "herumliegt". Über 14 Meter erstreckt sich die Walskulptur des israelischen Künstlers Gil Shachar, die, weit weg von Meer und Strand, lebensecht und leblos zugleich aussieht. Es handelt sich um den Kunstharz-Abguss eines echten südatlantischen Buckelwals.

Das Kunstwerk hat einen langen Weg hinter sich, nicht nur geografisch. Bereits 2008 initiierte Gil Shachar, der seit 1996 in Deutschland lebt und arbeitet, das "Cast Whale Project" - seinen aus einem Traum geborenen Plan, das größte auf der Erde lebende Säugetier in seiner körperlichen Totalität künstlerisch abzuformen. Zehn Jahre und einige Hürden später konnte er dies endlich in die Tat umsetzen. Eine Crowdfunding-Kampagne erbrachte die nötigen Finanzen und auch das südafrikanische Umweltministerium gab das "Go". Mit einem Team aus südafrikanischen Künstlern und Präparatoren erschaffte Shachar in der Lambert’s Bay (etwa 250 km von Kapstadt) den Abguss eines dort gestrandeten und an Land gestorbenen Buckelwals. In einer Werkstadt vor Ort wurde dieser anschließend in Epoxydharz gegossen und schwarz eingefärbt. Über 12.000 Kilometer schipperte der Koloss im Seefracht-Container Richtung Deutschland, wo er nun für die Bochumer Ausstellung angekommen ist.

Ein seltener Blick in eine Fantasiewelt

Für Gil Shachar, der als Bildhauer eigentlich bekannt für seine hyperrealen Abformungen von menschlichen Köpfen ist, öffnet die Begegnung mit einem gestrandeten Wal so etwas wie eine fantastische Parallelwelt, die seit der Kindheit ins Bewusstsein eingeprägt ist. Wale tauchen in Kindergeschichten, in der Mythologie, in Märchen, Gedichten und Literatur auf. Sie repräsentieren stets eine enorme Kraft, ein Wunder der Natur mit hoher Intelligenz, das jedoch nicht zu unterschätzen ist (wie in Herman Melvilles "Moby Dick").

Etwas Besonderes war es schon immer, wenn man auf Reisen einen echten Wal zu Gesicht bekam. Durch die systematische Zerstörung der Natur durch den Menschen sind inzwischen mehrere Arten vom Aussterben bedroht, sodass solch eindrucksvolle Begegnungen bald der Vergangenheit angehören könnten. Auch das Stranden von Walen an einer Küste hat oft mit einer Verwirrtheit der Tiere durch menschliche Einflüse zu tun. Im nüchternen Kontext eines Museums, und so weit weg von dessen natürlichen Lebensraum, erscheint Gil Shachars gigantischer Wal deshalb nicht nur beeindruckend, sondern auch ziemlich verletzlich.