"Fridays For Future" bei Merkel

Ein Meeting halt

Corona überschattet die Klimakrise. Das wurde erneut beim äußerst nüchternen und bildarmen Besuch von Greta Thunberg bei Kanzlerin Angela Merkel deutlich. "Fridays For Future" hat gerade auch ein ästhetisches Problem 

Grund zur Sorge gäbe es genug. Das Jahr 2020 stellt neue Hitzerekorde in Sibirien auf, die Gletscherschmelze in der Antarktis könnte irreversibel sein, und weite Teile Deutschlands und Europas erleben den dritten Dürresommer in Folge. Trotzdem hat die Coronakrise die vorher omnipräsente Klimakrise zumindest in der breiten Medienöffentlichkeit zur Nebensache gemacht - obwohl zu Beginn des Lockdowns durch das Herunterfahren von Wirtschaft und Verkehr plötzlich ganz unfreiwillig große Mengen CO2 eingespart wurden.

Die Klimabewegung "Fridays For Future" lebte in der Prä-Corona-Zeit maßgeblich von Bildern. Aus einem streikenden Mädchen vor einer schwedischen Schule wurde eine weltweite Bewegung, die riesige Mengen von jungen Menschen auf die Straßen der Städte katapultierte. Aus der "FFF"-Gründerin Greta Thunberg (heute 17) wurde eine verehrte wie verhasste Überfigur, die in allen möglichen Herrscherinnenposen inszeniert wurde und zum Kulturphänomen avancierte, das nur langsam wieder menschliches Maß annahm. 

In der Corona-Zeit war "Fridays For Future" nicht untätig, doch der digitale Protest ohne Straße entwickelt nicht denselben Sog wie die analoge Präsenz einer entschlossenen Jugendbewegung. Die kritische bunte Masse in den Städten reklamieren nun die Gegner der Corona-Maßnahmen für sich, die sich immer noch wöchentlich zu Tausenden versammeln und für den 29. August eine weitere Großveranstaltung in Berlin angemeldet haben. Zwar hat die Corona-Pandemie gezeigt, wie schnell einschneidendes politisches Handeln mit dem nötigen Willen möglich ist, doch nun drehen sich die Diskussionen eher um die Wiederankurbelung der Wirtschaft als um Emissionsvermeidung.

An visueller Bescheidenheit nicht zu überbietender Pflichttermin

Daher war der Besuch der Klimaaktivistinnen Greta Thunberg, Luisa Neubauer, Anuna de Wever und Adélaïde Charlier bei Kanzlerin Angela Merkel kein Triumph mit staatstragenden Bildern - eher ein an visueller Bescheidenheit nicht zu überbietender Pflichttermin. Der prominente Besuch kam am Hauptbahnhof an und wurde ohne großen Menschenauflauf zu Fuß zum nahen Kanzleramt begleitet. Die meisten Bilder des Tages zeigen die Aktivistinnen mit Mund-Nase-Masken, die zwar geboten sind, aber eben auch immer etwas nach Verstummung aussehen. Auch das 90-minütige Treffen mit Kanzlerin Merkel mit ziemlich großen Sicherheitsabstand sieht auf den Bildern eher nüchtern als dringlich aus. Und dann thront Angela Merkel auch noch als Rückenfigur in der Mitte des offiziellen Fotos der Bundesregierung, während Greta Thunberg und Luisa Neubauer winzig im Hintergrund sitzen.

Das Zusammensitzen mit einer Regierungschefin ist nicht mehr an sich ein Erfolg, von diesen Bildern gibt es inzwischen genug. Vielmehr verweisen die Aktivistinnen darauf, dass trotz weltweiter großer Politikerworte kaum etwas Konkretes passiert ist. Greta Thunberg und ihre Mitstreiterinnen forderten Deutschland nun auf, die Klimaerwärmung endlich als Krise zu behandeln und entsprechend aktiv zu werden. 

Am 25. September soll nach Angaben von "Fridays For Future" ein weiterer globaler Klimastreik stattfinden - dann wahrscheinlich wieder mit energetischeren Bildern als beim eher erwachsen-bildarmen Kanzler-Meeting. Mit "Down To Earth" im Gropius Bau hätte es für die Aktivistinnen nur ein paar hundert Meter weiter übrigens die thematisch passende Klimakrisen-Ausstellung gegeben. Von einem Kunstbesuch von Greta und ihren Mitstreiterinnen wusste man laut einer Sprecherin des Hauses jedoch nichts.