Nagelkünstler

Günther Uecker mit 95 Jahren gestorben

Der Künstler Günther Uecker 2024 im Schweriner Dom
Foto: Markus Scholz/dpa

Der Künstler Günther Uecker 2024 im Schweriner Dom

Mit handelsüblichen Nägeln schrieb Günther Uecker ein neues Kapitel Kunstgeschichte. Nun starb der international bekannte Objekt- und ZERO-Künstler

Der Nagelkünstler Günther Uecker, einer der wichtigsten deutschen Nachkriegskünstler, ist tot. Uecker starb am frühen Dienstagabend im Alter von 95 Jahren, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld der Familie erfuhr. Demnach war er die vergangenen Tage in der Düsseldorfer Uniklinik.

Der Wegbereiter der heute hoch gehandelten ZERO-Kunst hatte den Zimmermannsnagel in die Kunst eingeführt und weltbekannte großformatige Nagelreliefs geschaffen, die in vielen Museen und politischen Machtzentralen hängen.

Der am 13. März 1930 in Wendorf geborene und auf der Halbinsel Wustrow aufgewachsene Mecklenburger lebte seit Mitte der 1950er Jahre in Düsseldorf. Die Stadt am Rhein blieb bis zu Ueckers Tod das Zentrum seines Schaffens.

Nagelbilder und Friedensbotschaften 

Uecker beschlug Leinwände, aber auch Objekte wie Stühle, Klaviere oder Nähmaschinen mit Nägeln. Für ihn waren die Nagelfelder immer auch tagebuchähnliche Seelenlandschaften, die er "Empfindungswerte aus der Zeit" nannte.

Der Sohn eines Landwirtes reiste mit einer humanitären Friedensbotschaft um die Welt und stellte in zahllosen Ländern aus, auch in Diktaturen und totalitären Staaten. Er malte Aschebilder nach der Tschernobyl-Katastrophe, kämpfte für das indigene Volk der Navajo und stellte auf Stoffe gemalte Menschenrechtsbotschaften in Peking aus.

Seiner mecklenburgischen Heimat blieb Uecker immer eng verbunden. Noch in hohem Alter gestaltete er vier große blaue Glasfenster für den Schweriner Dom. Im Dezember 2024 wurden die Fenster eingeweiht

Der in der DDR zum Reklamegestalter ausgebildete Uecker siedelte 1953 nach Westberlin über und zog 1955 nach Düsseldorf. An der Kunstakademie studierte Uecker bei dem pazifistisch engagierten Holzschneider Otto Pankok und wirkte dort selbst rund 20 Jahre als Professor.

Der avantgardistischen ZERO-Gruppe, die Heinz Mack und Otto Piene 1958 gründeten, trat Uecker 1961 bei. Uecker schuf auch Lichtkunst und spektakuläre Installationen wie das "Terrororchester" - eine lärmende Installation aus dutzenden Apparaten wie Staubsauger oder Waschmaschine.

Wüst über Uecker: "Ein herausragender Kulturschaffender"

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat dem Künstler seine Wertschätzung ausgesprochen. "Günther Uecker hat die internationale zeitgenössische Kunst an Rhein und Ruhr und weit darüber hinaus maßgeblich beeinflusst. Er war ein herausragender Kulturschaffender, der mit seinen Werken zu einer offenen und dynamischen Gesellschaft beigetragen hat", sagte der Politiker am Mittwoch. 

Nordrhein-Westfalen trauere um "einen der wichtigsten und einflussreichsten Künstler der deutschen Nachkriegsgeschichte", so Wüst. Mit seinem Lebenswerk habe Uecker Generationen junger Künstlerinnen und Künstler beeinflusst. "Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und Angehörigen", sagte der NRW-Ministerpräsident. Das Land NRW hatte Uecker im Jahr 2015 für seinen prägenden Einfluss auf die internationale zeitgenössische Kunst in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus den Staatspreis des Landes verliehen.

NRW-Landtagspräsident André Kuper (CDU) würdigte Uecker als großen Künstler und weitherzigen Menschen, der auch im Landtag mit einem großen Nagelrelief eine zentrale Botschaft hinterlassen habe. Das Werk Ueckers sei allen Abgeordneten auf dem Weg in den Plenarsaal stets Mahnung, für Demokratie einzustehen und das große Ganze im Blick zu behalten.

Landesbischöfin würdigt Uecker

Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, hat mit Trauer und tiefer Dankbarkeit für dessen Wirken auf den Tod von Uecker reagiert. Als einer der bedeutendsten Künstler der deutschen Nachkriegsmoderne sei er seiner mecklenburgischen Heimat stets eng verbunden geblieben. So habe er noch im hohen Alter vier große blaue Glasfenster für den Schweriner Dom geschaffen, deren Fertigstellung im Dezember 2024 noch mit ihm gemeinsam festlich begangen wurde. Mit diesem Werk lebe ein bleibendes Zeugnis seiner Kunst und seines Glaubens im Schweriner Dom weiter. 

"In großer Dankbarkeit für seine Verbundenheit mit dem Schweriner Dom bin ich in Trauer und Mitgefühl bei seiner Familie und allen, die um ihn trauern. Im Schweriner Dom, der Teil des Schweriner Weltkulturerbe-Ensembles ist, wird ein besonders eindrückliches Werk dieses Künstlers von Weltrang weiter und beständig zu sehen sein und mit ihm und seiner Kunst verbinden", betonte die Landesbischöfin. In den großflächigen, in Blautönen gehaltenen Fenstern habe Uecker zentrale christliche Themen wie Licht, Wunde, Auferstehung und Ewigkeit aufgegriffen und ein sakrales Kunstwerk von großer Symbolkraft geschaffen.