Museumweek

Was bewirkt ein Hashtag?

MuseumWeek
Foto: Hélène Desplechin, Thyssen-Museum

Die Bewegung soll Spaß machen, die Beiträge kreativ sein. Letztlich geht es um Aufmerksamkeit in den sozialen Medien

In den sozialen Medien stolpert man gerade auffallend oft über den Hashtag "#womeninculture". Viele Museen posten dazu. Was soll das und wer steckt dahinter?

Das Guggenheim-Museum in Bilbao, das Centre Pompidou in Paris und die Schirn Kunsthalle Frankfurt verwenden sie: die Hashtags #womeninculture, #womeninculturemw, #womeninculture2019. Wenn man sich weiterklickt, landet man letztlich beim Label #museumweek. Dieser Hashtag führt immerhin zu einem gleichnamigem Profil und passender Website. Die sechste Ausgabe der Museumswoche widme sich sieben Tage lang dem Thema "Frauen in der Kultur". Laut Pressemitteilung geht es einerseits darum, in sozialen Netzwerken kreativ zu sein, einen Austausch mit dem Publikum zu ermöglichen und Interesse zu wecken. Andererseits stehen  wirtschaftlichen Ziele im Vordergrund: mehr Traffic, internationale Bekanntheit und der Ausbau von Datenbanken. Finanziert wird das Projekt von dem Modekonzern Chanel, der "New York Times", dem Museumsbund ICOM und der internationalen Kulturorganisation Unesco. Doch wen genau unterstützt dieses Sammelsurium aus Wirtschaft und Kultur?

Eine Telefonnummer führt nach Paris und gibt endlich Aufschluss. Benjamin Benita ist Kulturvermittler und hat die Non-Profit-Organisation MuseumWeek 2014 gegründet, als er für die Unesco arbeitete: "Es war ein Spiel. Wir haben kein bestimmtes Ziel verfolgt, hatten einfach nur Spaß. Wir haben Hashtag-Themen auf Twitter gepostet und innerhalb von drei Wochen sind 600 Personen beigetreten."

Mittlerweile beteiligen sich rund 6.000 Museen, Archive, Galerien, Büchereien und Forschungszentren aus 121 Ländern. #museumweek ist längst nicht mehr nur auf Twitter zu finden, sondern ebenso auf Instagram, Facebook, Vkontakt (eine russische Social Media-Plattform)  und Weibo (eine chinesische). Hinter Benjamin Benita steht ein zwanzigköpfiges Team, das sich als digitale Nomaden über den Globus verteilt. Die Mitglieder übernehmen die Kommunikation und Organisation – genauer wird der Kulturvermittler nicht. Das Programm ist immerhin in neun Sprachen erhältlich, die Feeds nicht selten in vier. Auf der Website werden strategische Tipps gegeben, als wolle man ein Marketingkonzept verkaufen. Das sei aber nicht Sinn und Zweck des Projekts. Ganz im Gegenteil.

Frauen in den Vordergrund

Das Thema "Women in culture" ist explizit für das Jahr 2019 ausgewählt worden. Den Hashtag versteht Benjamin Benita als Bewegung: "56 Prozent der Welt glauben immer noch, dass Mädchen keine Schulausbildung benötigen. Das ist die Mehrheit. Als Vater einer Tochter habe ich mir viele Gedanken dazu gemacht. Daher wollen wir diese Woche Frauen in den Vordergrund stellen. Es hat mehr sozialen Einfluss als kulturellen."

An dem weltweiten Event beteiligen sich nach Aussagen der gemeinnützigen Organisation mittlerweile 40.000 User. Die Bewegung basiert auf einer Partnerschaft mit der "New York Times". So wird das Programm dieses Jahr erstmals vom digitalen in den physischen Raum ausgeweitet. Für November stehen Art Talks zum Thema "Frauen in der Kultur" an. Wo genau, ist noch unter Verschluss. In Paris werden mit dem Grand Palais Videostories organisiert. Neben der Dachmarke MuseumWeek und dem ganzjährigen Thema "Frauen in der Kultur" sind diese Woche zusätzlich einzelne Hashtags wie Regenbogen, Geheimnisse und Freunde als Tagesmotto aufgelistet – immer mit dem Kürzel MW. Das Projekt fordert dazu auf, diese zu verwenden und empfiehlt dazu, Photowalks, Performances oder Preisausschreiben zu veranstalten. Einen bestimmten Termin für die Mottowoche gibt es nicht, sie findet jedes Jahr zu anderen Terminen statt.

Museen wollen sichtbarer sein 

Am Ende geht es um Aufmerksamkeit, Traffic auf den medialen Kanälen. Die Zusammenarbeit mit der Analyse- und Monitoring-Plattform Talkwalker erlaubt die Auswertung der Daten und eine Heatmap zeigt: Das Konzept geht auf, schlägt Wellen!

Zum Erfolg meint Benjamin Benita: "Die Kulturinstitutionen suchen nach Sichtbarkeit in den sozialen Medien. Hier können sie neue Zielgruppen abfangen. Das Event macht aber auch einfach Spaß!" Es ist ein konstruiertes Phänomen. Aber so funktioniere das nun mal in diesem Internet. Über eine Registrierung auf der Website erhalten interessierte Häuser den Newsletter und Informationen zur Statistik. Aber diese erfasst zunächst nur, wer den Hashtag nutzt und nicht, wie viele Personen dadurch in die Museen gelockt werden.

Was ist also der genaue Mehrwert der Daten? Durch die Aktion besteht immerhin ein Austausch über digitale Marketingstrategien, die Kulturszene kooperiert weltweit und die Aufmerksamkeit für Kulturhäuser sowie bestimmte Themen wird erhöht. "Dieses Jahr liegt die hohe Beteiligung sicher auch am Motto 'women in culture', das viel Aufmerksamkeit und Interesse erregt", sagt Benjamin Benita. Dieses soll auf die Frauen aufmerksam machen, die heute die Kultur prägen oder von der Geschichte zu Unrecht vergessen wurden. Das feministische Thema bleibe so aktuell und präsent. Ein Hashtag kann ein Anfang sein, vor allem in Zeiten, in denen Aufmerksamkeit eine Währung ist.