Cosima von Bonin in Wien

Hippies bitte zum Seiteneingang

Man muss sich unbedingt die Kopfhörer aufsetzen, die in der obersten Etage des Mumok von der Decke hängen. Ein deeper Techno- Track von Moritz von Oswald füllt das Bewusstsein, und die Szenerie wird lebendig. Der schlappe Hase, der vor seiner Holzhütte abhängt, das dicke weiße Monster, das in Dr.-Seltsam-Pose auf der bonbonbunten Rakete sitzt, die Stoffhunde mit den hängenden Lefzen, die Regenschirme, Laternen und Möbel: Mit diesem Soundtrack in den Ohren werden sie alle zu potenziellen Helden eines Films, der sich im Kopf der Besucherin abspielt.

Schade nur, dass man die Kopfhörer nicht durch die ganze Ausstellung mitnehmen kann. Denn die musikalische Injektion von Lebendigkeit, die akustische Verschiebung in einen fiktiven Filmraum passt deshalb so gut zu der Kunst von Cosima von Bonin, weil sie aus der Interaktion und dem Leben kommt – und gleichzeitig auf eine imaginäre Parallelwelt zielt. Kollaborationen, das Netzwerk, der Austausch waren das große Thema der 90er-Jahre, und je größer der zeitliche Abstand, desto klarer wird, wie sehr von Bonins Kunst dieses Jahrzehnt verkörpert. Deshalb ist es auch nicht eitel, sondern legitim, dass sie in ihrer großen Mumok-Retrospektive die Referenzen herbeizitiert: Im Erdgeschoss stammen die Ungeheuer unter dem Teppich von Mike Kelley und der "Schneewittchensarg" von Martin Kippenberger, daneben sendet Isa Genzkens "Weltempfänger" aus Beton.

In diesem Netzwerk entfaltet sich eine Boheme Existenz, die mit der Ästhetisierung der Welt unter den Bedingungen des Turbokapitalismus befasst ist und daran am Burn-out erkrankt. 1997 klebt von Bonin eine Saint Laurent-Tüte auf ein kariertes Tuch und schafft eine Ikone. Der Gang durch ihr Werk ist gleichzeitig ein Trip durch die Zitathölle, in der Opiumrauchern Bühnen gebaut werden und Therapie ein weicher weißer Pilz ist.

Im Mumok wurden für den Tanz der müden Tiere vier Etagen freigeräumt, die Schau hat frühere große Ausstellungen in Köln und Bregenz geschluckt und reinszeniert – und sich dabei leicht überfressen: Weniger wäre mehr gewesen. Aber selbst der Überdruss ist im Werk ja schon aufgehoben. Draußen, an der Fassade des Museums, steht ein langnasiger Pinocchio und kotzt. Es war noch nie leicht, sich zu amüsieren.

"Cosima von Bonin: Hippies Use Side Door. Das Jahr 2014 hat ein Rad ab", Mumok, Wien, bis 18. Januar 2015