Geschichte der Schuhe

Historische Schlappen

Von der Stelzsandale aus Damaskus bis zur Adilette aus Herzogenaurach: Die Ausstellung "Step By Step" wandelt auf den Spuren ikonischer Schuhmodelle - und zeigt erstaunliche Paare

Über 15.000 Objekte befinden sich in der Schuhsammlung des Deutschen Ledermuseums. Bis zu Beginn dieses Jahres wurden europäische und außereuropäische Modelle in Offenbach am Main noch getrennt voneinander gezeigt, nun dürfen im Rahmen der Ausstellung "Step By Step" erstmals Schuhe aus der ganzen Welt neue Paare bilden. Basierend auf thematischen Schwerpunkten werden hier faszinierende zeit- und raumübergreifende Kontinuitäten sichtbar – beispielsweise zwischen Plastik-Flip-Flops und Papyrus-Sandalen aus dem alten Ägypten, die den Fuß beide mit einer Y-Bindung umschließen. 

Die ästhetische Divergenz zwischen den ikonischen Adidas-Badelatschen und den reich verzierten 14-Zentimeter-Plateau-Sandalen, die im mittelalterlichen Damaskus für trockene Füße im Hammam sorgten, ist markant. Deutlich ähnlicher sind sich die Buffalo-Plateausneaker und die Chopinen, mit denen sich venezianische Hofdamen um 1600 größer und schlanker schummelten. 

Die Trägerinnen der bis zu 20 Zentimeter hohe Plateau-Schuhe mussten sich beim Laufen von Bediensteten stützen lassen, an Tanzveranstaltungen war nicht zu denken – ein Grund, warum die katholische Kirche den Trend begrüßt haben soll. Ironisch, dass ausgerechnet die Buffalos viele Jahrhunderte später zum bevorzugten Schuhwerk der 90er-Rave-Szene wurden. 

Die charmante Unvernunft des Absatzschuhs

Der für das 20. Jahrhundert prägendste aller Absatzschuhe ist der ebenfalls in der Ausstellung vertretene Stiletto, den Roger Vivier Mitte der 50er Jahre für Christian Dior entwarf. Der Schuh, dessen Absatz so aufsehenerregend dünn und lang war, dass er nach einem Dolch benannt wurde, ist bist heute das Kernstück einer Femme Fatale-Ästhetik, die zuverlässig feministische Debatten auslöst.

Der Stiletto, der die Beine streckt, Brust und Po betont und die Gangart verändert, ist artifizielle performative Hyper-Weiblichkeit und damit purer Drag. Es verwundert kaum, dass er nur wenige Jahrzehnte nach seiner Erfindung in Form der Fetisch-Ballettstiefel an seine äußersten Grenzen getrieben wurde und Designer Alexander McQueen die Trägerinnen seiner Armadillo Heels in Aliens verwandelte.

Sowohl Georg Simmel als auch Jean Baudrillard sehen die Eigenart der Mode darin begründet, dass sie Kategorien wie "schön und hässlich" oder "praktisch und unpraktisch" nivelliert. Nichts verkörpert ihre These besser als die kulturelle Praxis, mit unbequemen Absätzen dem sicheren Boden unter den Füßen zu entrücken. Schön, dass sich die charmante Unvernunft dieses im jahrhundertealten globalen Phänomens im Ledermuseum jetzt in seinem globalen Ausmaß betrachten lässt.