Paul und Damon McCarthy zerlegen "Rebel Without a Cause"

Hosen runter, Jimmy Dean!

In doppeltem Sinn ist „Rebel Dabble Babble“ von Paul McCarthy und Sohn Damon ein Familienprojekt. Denn auch in der Vorlage „Rebel Without a Cause“, in Deutschland unter dem moralisierenden Titel „… denn sie wissen nicht, was sie tun“ bekannt, geht es um Familien. 1955 zeigte Regisseur Nicholas Ray eine vom Krieg traumatisierte Elterngeneration, müde, konfliktscheu, ordnungsliebend. Prototyp einer Jugend, die riskante Auswege aus der Wohlstandsfalle suchte, war Hauptdarsteller James Dean.

Ray nutzte das überbreite Cinemascope-Format dazu, dem Sturm und Drang der Jugendlichen ebenso Luft zu verschaffen wie Deans unbändiger Körpersprache. „Rebel Dabble Babble“ dagegen begrenzt den Aktionsradius seiner Figuren auf ein zweistöckiges Bungalow-Set. Der Nachbau eines Pavillons auf dem Gelände des Hotels Chateau-Marmont in Hollywood bringt die skandalträchtigen Begleitumstände der Produktion vor 60 Jahren ins Spiel. Im berüchtigten „Bungalow 2“ probte Ray mit seinen jungen Darstellern und soll Orgien mit ihnen gefeiert haben. Dem Regisseur wurde auch eine Affäre mit der 27 Jahre jüngeren Natalie Wood nachgesagt, die an der Seite von Dean spielte.

Die McCarthys drehten, nachdem sie gemeinsam die Schauspieler ausgewählt hatten, zwei Videosessions, die mitsamt der begehbaren Installation im Juni 2013 ihre Ausstellungspremiere bei Hauser & Wirth in New York erlebten. Im Buch werden die Performances in Fotosequenzen aufgeblättert; wenn Mikros und Kameraleute in den Bildausschnitt geraten, wirken die Bilder wie ein Making-of der Dreharbeiten.

Äußerlich ein coffee table book, innen nicht jugendfrei, lässt man den Band lieber nicht offen herumliegen. Im 50er-Jahre-Ambiente spielen sich typische Paul-McCarthy-Szenen ab. Der 69-jährige Künstler selbst verkörpert zwei Väter, deren Beziehungen zu ihren jeweiligen Kindern Jim (Dean) und Judy (Wood) von Inzestwünschen und Gewalt geprägt sind. Außerdem spielt McCarthy senior noch den Regisseur Nicholas Ray. Zu den Derbheiten des Buchs zählt eine Badewannenszene, in der sich McCarthy und Judy in zahllosen Litern Senf suhlen.

Die Doppelrolle James Dean/Jim ist zweimal besetzt. Anfangs mit James Franco, der ja beides sein will, Hollywoodstar und Kunstprotagonist, aber nicht so weit geht, dass er sich für die Trashversion seines Idols Dean aller Kleider entledigte. Dafür springt der Pornodarsteller James Deen (!) ein, damit die finale Umarmung von Jim und Judy als Hardcore-Akt reinszeniert werden kann. Seltsam, hat Paul McCarthy die Unterhaltungsbranche nicht immer verspotten wollen? Und doch versumpft die Tour de force am Ende im handelsüblichen Mainstream-
Porno.

Paul McCarthy, Damon McCarthy: „Rebel Dabble Babble“. Auf Englisch. JRP Ringier, 312 Seiten, 78 Euro