Tate Modern holt Performance ins Museum

Ich bin zwei Öltanks

 London (dpa) - Es ist kühl zwischen den massiven Betonwänden, im Dunkeln stolpert man schon mal über anderer Leute Füße, das Ganze hat etwas von Abenteuerspielplatz: Die Londoner Tate Modern hat ihre ehemaligen Öltanks für die Kunst geöffnet. Wo einst die Energie für das Elektrizitätswerk lagerte, das zum Museumsgebäude der Tate Modern wurde, soll in Zukunft Raum für neueste Entwicklungen der Kunst sein. Vor allem Performance, Projektion, Klang und Diskussion sollen dort ihren Platz finden. Die Eröffnung fällt mit dem Kulturfestival zu den Olympischen Spielen in London zusammen.

   «Wir haben das nächste Stadium der Transformation der Tate Modern erreicht», sagte Tate-Direktor Nicolas Serota bei der Vorstellung der «Tanks» am Montag in London. Die Betonkolosse haben gleich mehrere Aufgaben. Sie sollen der immer weiter wachsenden Zahl von Besuchern mehr Fläche bieten. Sie sind Teil des Fundamentes für den riesigen Tate-Modern-Anbau, der darüber gebaut wird. Vor allem aber bieten sie Raum für Kunstformen, die in den vergangenen Jahren wichtiger geworden sind - Performance, Musik, Projektion, Teilhabe der Zuschauer.

   «Wir haben gemerkt, dass wir mehr Platz dafür brauchen», erklärte Serota. Museen in der ganzen Welt spürten das - die Tate Modern könne aber nun als eines der ersten diesen wachsenden Kunstformen kontinuierlich und dauerhaft Raum geben.

   «Wir erfinden das Museum beinahe neu», sagte Tate-Modern-Direktor Chris Dercon. Durch den runden Raum der «Tanks» seien Künstler und Zuschauer nicht mehr getrennt. «Die Tate ist schon in einer Zeit nach den Olympischen Spielen angekommen.»

Mehr Teilhabe der Zuschauer
   Die Entwicklung hin zu mehr Teilhabe der Zuschauer sei eines der wichtigsten Elemente der Kunst im Umbruch zum 21. Jahrhundert. «Die Menschen wollen nicht noch mehr abstrakte Systeme sehen. Sie wollen etwas Konkretes.» Der Mensch sei heute umgeben von Systemen, die er nicht verstehe. «Sie machen etwas mit uns. Wir wollen deshalb etwas haben, an dem wir teilhaben können.»

   Vom 18. Juli bis zum 28. Oktober zeigt die Tate in einem umfassenden Programm, was man mit den neuen «Tanks» alles machen kann. Dafür wurden einige Werke eigens in Auftrag gegeben. Der Ausbau an dem Haus, in das jährlich rund fünf Millionen Besucher strömen, geht unterdessen weiter. Serota kann verkünden, was sich andere Museumsdirektoren nur wünschen können: Die Tate Modern ist der Planung um mehr als neun Jahre voraus.

   Eigentlich sollte der Komplettausbau einer der mittlerweile wichtigsten Museen für zeitgenössische und moderne Kunst im Jahr 2025 fertig sein. «Der Erfolg der Tate Modern hat das Datum nach vorne gebracht», sagte Serota. Eröffnung soll jetzt spätestens 2016 sein, «wahrscheinlich sogar früher». Insgesamt kostet das Projekt rund 200 Millionen Pfund (253 Millionen Euro). Wie viel davon auf die «Tanks» entfällt, konnte Serota nicht sagen. Ein großer Teil kommt aus Spenden und Sponsorengeldern.