"Wunder"-Ausstellung in Hamburg

Ihr Kinderlein kommet

Noch ist der Platz vor den Hamburger Deichtorhallen menschenleer. Nur riesige konzentrische Quadrate, auf den Boden gemalt, und eine Kamera in ihrer Mitte deuten an, dass hier etwas Außergewöhnliches passieren wird. Zu einem bestimmten Zeitpunkt verlassen in unterschiedlichen Hamburger Stadtvierteln hunderte Kinder (die Deichtorhallen sprechen von 1000) dreizehn verschiedene Schulen. Sie alle bewegen sich zielgerichtet auf den Platz zu. Die Kamera erwartet sie bereits. Kreisend hat sie den leeren Platz gefilmt, der sich nun nach und nach mit herbeiströmenden Kindern füllt. Die Schüler folgen den konzentrischen Quadraten zur Mitte.

Mit der Performance „Walk (Square)“ von Melanie Manchot eröffnete am Donnerstag die Ausstellung „WUNDER“ in den Hamburger Deichtorhallen. Die Schau stellt sich der Frage, was überhaupt ein Wunder ist: eine weinende Ikone, die die Korrektheit christlicher Dogmen beweist? Eine bahnbrechende technische Innovation, von der niemand zu träumen wagte? Ein Zaubertrick, der ein Kind verblüfft? Gleich einer Kunstkammer kombiniert „WUNDER“ wissenschaftliche und kulturgeschichtliche Objekte – von der V2-Rakete bis zum Zauberkasten aus der Goethezeit – mit Arbeiten zeitgenössischer Künstler wie Susan Hiller, Kris Martin oder Timm Ulrichs.

Das Irrationale, Unerklärliche, Verstörende wird zum Thema. Zu sehen ist auch das Video von Manchots Performance. Die Londoner Künstlerin schließt mit ihrer Arbeit an Bruce Naumans Werk „Walking in an Exaggerated Manner Around the Perimeter of a Square“ von 1967/68 an, erweitert das Konzept aber um eine kollektive Komponente. Manchots Kinderschar erinnert an Prozessionen, Märsche, Demos und den Rattenfänger von Hameln. Dessen Zauberflöte hätte sich als Exponat in „WUNDER“ auch gut gemacht.

Deichtorhallen, Hamburg, bis 5. Februar