Anselm Reyle über seine Kreativpause

"Ich genieße die Ruhe"

Wie denn, ist Anselm Reyle nicht in Frühst-Rente gegangen? Ist er nicht: Der Künstler macht nur eine Kreativpause. Jetzt sprach der 44-Jährige in Berlin über seine Streifenbilder, seine Auszeit – und ein mögliches Comeback

Er gehe jeden Tag in sein Studio, schaue, was da an unfertigen Arbeiten herumsteht, experimentiere ein bisschen, räume auf und schmeiße auch weg. Seit bald zwei Jahren ist Anselm Reyle in Kreativpause, er stellt nicht aus und keine Arbeiten verlassen sein Atelier. Am Dienstagabend sprach der Berliner Künstler nun in der Berliner Galerie Contemporary Fine Arts (CFA) bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seither über die näheren Umstände seiner Auszeit – und stellte ein baldiges Comeback in Aussicht.

Der Talk mit Dirk Luckow, Direktor der Hamburger Deichtorhallen, drehte sich eigentlich um die Streifenbilder, eine Werkserie, mit der der Berliner Künstler – neben seinen Knitterfolienbildern hinter Plexiglas – bekannt geworden ist. Zurzeit ist bei CFA eine Auswahl an Werken zu sehen, die zwischen 2003 und 2013 entstanden, im Snoeck Verlag erscheint eine Publikation zur Schau. Die Bilder hat die Galerie, die Anselm Reyle vertrat, auf Auktionen gekauft oder sie stammen von Privatpersonen. "Die Streifenbilder sind zurzeit auf dem Auktionsmarkt unterbewertet", begründet Galerie-Chef Bruno Brunnet sein Engagement.

Reyles Pause hielten viele für eine Reaktion auf den Einbruch der Preise für seine Arbeiten auf dem Auktionsmarkt, obwohl der bereits 2008 standfand. 2006 und 2007 erreichten gerade die Streifen- und Folienbilder immer neue Rekordpreise. Besonders die Folienbilder verkauften sich aber weiterhin. Es sei ihm vielmehr eine Last gewesen, so erklärte Reyle jetzt beim Künstlergespräch, mit nur einer Werkserie den ganzen Betrieb und neue künstlerische Experimente zu finanzieren. "Die Arbeit ist unfruchtbar geworden und verlor sich immer weiter in technischer Perfektion."

Vielleicht sei es erste die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Künstler Franz West gewesen (deren Ergebnisse 2012 im Berliner Schinkel Pavillon zu sehen waren), die ihm den Spaß am Skizzenhaften, am Rumprobieren zurückgebracht habe.

Wie schaut Anselm Reyle heute auf die jungen Künstler, deren Werke - häufig abstrakte Malerei - auf Auktionen exorbitante Preise erzielen? "Man kann nicht vorhersagen, wie sich das bei einzelnen Künstlern entwickelt, das hängt von vielen Komponenten ab. Viele junge Künstler haben aber sicher nicht ausreichend Zeit, sich zu entwickeln. Ich hatte das Glück, dass ich ein recht breites Werk produzieren konnte", sagte der Künstler nach seinem Talk im Gespräch mit Monopol. Und ist sein Atelier, in dem er früher viele Assistenten beschäftigte, nicht ein bisschen zu groß für ihn allein? "Im Moment genieße ich die Ruhe und fange an, neue Arbeiten zu entwickeln. Ab und zu hilft mir jemand beim Umsetzen neuer Ideen."

Dieses Jahr werde er die Pause, die also gar keine richtige Pause ist, wohl kaum mehr beenden. Vielleicht aber 2016. Es klang ganz vorsichtig, als Anselm Reyle das vor den versammelten Zeugen sagte.