Insta-Watchlist: Cathrin Hoffmann

"Instagram verändert auch die Malerei"

In der Reihe "Insta-Watchlist" stellen wir Künstler vor, die uns auf Instagram aufgefallen sind. Die Malerin Cathrin Hoffmann schafft hybride Figuren zwischen analoger und digitaler Welt und hat der Plattform viel zu verdanken - ihre Kunst will sie aber nicht zu sehr von Likes beeinflussen lassen


Frau Hoffmann, warum ist Malerei gut auf Instagram aufgehoben?

Auf Instagram sind die Grundvoraussetzung für alle gleich, wenn man einmal von den Gegebenheiten ausgeht. Jeder kann sich dort ein Profil anlegen und anfangen, zu posten. So war das bei mir auch. Ich habe Arbeiten von mir geteilt und die Reaktionen abgewartet. Reagiert überhaupt jemand? Ein Gemälde hat den Vorteil, dass es schnell auf Instagram erfasst werden kann, wenn es sich nicht um eine kleinteilige Komposition handelt. Das verändert auch die Malerei. Ich arbeite meist mit ein oder zwei Figuren, die ich großflächig auf die Leinwand bringe. Videos und Skulpturen funktionieren oft weniger gut als zweidimensionale Werke. Um Skulpturen müsste man herumlaufen können, Videos müsste man mehr Aufmerksamkeit, sprich Zeit widmen.


Ihre Figuren und Bildwelten sind wie gemacht für die sozialen Medien. Ihre Figuren sind sehr präsent und wirken oft, als würden sie für ein Selfie in emotionalen Momenten posieren.

Die Figuren sind digital modelliert und analog reproduziert. Der Weg führt vom Digitalen ins Analoge und zurück ins Digitale auf Instagram. Dort wirken sie vielleicht etwas zu glatt. Mir wäre es zu einfach, Figuren zu malen, die Menschen darstellen. Eine Frau isst einen Apfel. Verstanden. Nächstes Bild. Ich erschaffe Kreaturen, die nah genug am Menschen sind, damit man sich mit ihnen identifizieren kann und weit genug davon entfernt, damit man sich auf sie einlassen kann. Wenn ich etwas sehe, dass mich erst einmal abschreckt, schaue ich genauer hin.

Hat sich Ihre Malerei durch Instagram verändert? Achten Sie darauf, wie viele Likes Ihre Bilder bekommen und passen die Bildinhalte dann entsprechend an?

Das mache ich nicht. Die Sorge aber hatte ich, dass Likes mich beeinflussen könnten. Oft sind es nicht meine besten Arbeiten, die viele Likes bekommen. Natürlich irritiert mich das.

Wenn ein Bild also viele Likes bekommt, wissen Sie, dass Sie doch anders weitermachen sollten?

Genau. (lacht) Likes sind mir mittlerweile egal, wichtig ist meine Präsenz auf Instagram. Für mich haben sich im vergangenen Jahr viele Türen geöffnet. Ich hatte es zuerst ohne Instagram versucht, ich bin viel zu Openings hier in Hamburg gegangen und habe aktiv Galerien kontaktiert. Beachtet wurde ich kaum, Antworten auf Mails kamen nie. 

Und dann haben Sie es über Instagram versucht?

Als ich acht Monate lang auf Reisen in Lateinamerika unterwegs war, hat mir ein Freund empfohlen, meine Arbeiten auf Instagram zu teilen. Das war Ende 2016. Ich dachte zuerst, es sei zu spät und die Nummer sei gelaufen. Irgendwie habe ich mich dann doch überzeugen lassen und schnell gemerkt, wie leicht man mit vielen Leuten in Kontakt kommt. Plötzlich waren die erste Einladungen zu Ausstellungen in Amsterdam und New York da. In Amsterdam war ich Teil der Gruppenausstellung "Post Digital Pop" bei The Garage mit unter anderem Brandon Lipchik, in New York war es die Gruppenausstellung "Post Analog Studio" bei The Hole NY mit Adam Parker Smith und Robin F. Williams. Und dann habe ich mich auf die Plop Residency des Künstlers Oli Epp beworben und eine Zusagen bekommen, vom "Juxtapoz Magazine" wurde ich zu einer Ausstellung im Rahmen der Art Basel in Miami eingeladen. Ohne Instagram wäre ich immer noch in Hamburg unterwegs und würde bei Openings irgendwem "Hallo!" sagen und hoffen, dass sich daraus etwas ergibt.

Jetzt zeigen Sie gemeinsam mit Liam Fallon Werke bei Duve in Berlin. Aktuell ist viel von Post-Digital Pop die Rede, also der Verbindung von Internetkultur und Konsum. Den Begriff hat der von Ihnen gerade genannte Oli Epp geprägt. Fühlen Sie sich dieser Richtung zugehörig?

Ich wurde ziemlich schnell, wenn nicht sogar von Anfang an, mit Post-Digital Pop in Verbindung gebracht. Dagegen wehre ich mich nicht. Manchen Leuten hilft es eben, wenn es Schubladen oder Etiketten gibt. Ich selbst sehe mich als zeitgenössische Künstlerin, die sich mit Medien und Themen unserer Zeit befasst. Alex Duve übrigens hat mich auch auf Instagram gefunden und gefragt, ob ich nicht eine Ausstellung zum Gallery Weekend 2020 machen wollen würde. Gestern bin ich mit dem letzten Bild fertig geworden.

Wie gehen Sie damit um, dass Ihre Ausstellung nicht wie geplant zum Gallery Weekend mit einem großen Opening und Besucherandrang beginnen kann?

Erst einmal bin ich erleichtert, dass alle Arbeiten fertig sind. Aber ja, normalerweise hätte ich mich mit Freunden getroffen und gefeiert, als ich mit meiner letzten Arbeit für die Ausstellung fertig war. Stattdessen bin ich um 19 Uhr ins Bett gegangen, weil ich nicht mehr ins Atelier musste. Als Nächstes steht eine Einzelausstellung im September in London an, damit geht es nun nahtlos im Atelier weiter. Bei Duve gab es keine Vernissage. Wir haben in einer privateren Atmosphäre eine bestimmte Anzahl an Besuchern nacheinander in der Galerie mit dem Mindestabstand von 1,5 Metern und Mundschutz empfangen. Termine müssen vereinbart werden, es gibt Time Slots.


Sie haben die Entstehung Ihrer Ausstellung auf Instagram fast täglich kommuniziert. Sie zeigen, wie sie im Studio arbeiten und die Bilder, die entstehen. Hat sich durch Corona und den Digital-Boom Ihr Blick auf Instagram verändert? Wochenlang blieben uns fast nur die sozialen Medien und das Internet, um hinaus in die Welt zu schauen. Hat sich bei Ihnen ein Überdruss eingestellt und ein neuer Hunger nach Kunst im realen Raum, was man aktuell oft hört und liest?

Ja, einen Instagram-Overload habe ich auch. Mir fehlen meine Freunde und der Austausch mit Künstlern. Eigentlich wäre ich jetzt schon in New York gewesen. Ich wollte im April zum Opening der Ausstellung bei The Hole fliegen. Die Show findet jetzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Alles ist nur digital zu sehen, eine Eröffnung gab es nicht. Jetzt im Juni würde meine Residency in Italien im Palazzo Monti beginnen. Das haben wir jetzt aber auch auf das nächste Jahr verschoben. Im nächsten Jahr wird viel passieren, das steht fest.