Insta-Q&A: Stefan Simchowitz

"Instagram ist der effektivste Weg, meinen absurden Charakter auszudrücken"

In unserem Instagram-Fragebogen stellen wir Kreative mit ambitionierten Accounts vor. Diesmal ist der Sammler und Kunstberater Stefan Simchowitz (@stefansimchowitz) an der Reihe

Warum sind Sie auf Instagram?
Weil es umsonst ist. Es funktioniert, und es ist das billigste Marketing-Tool der Moderne. Als Exhibitionist, Egoist und unersättlicher Exzentriker scheint es mir der effektivste Weg, die Komplexität meines absurden Charakters auszudrücken. Ernsthafter gesagt benutze ich die Plattform als Tagebuch, um Gedanken und Ideen mit meinen Freunden und meiner Familie zu teilen – und mit allen, die mein Interesse für das Alltägliche, Schöne, Exotische, Intellektuelle und für einfachen Spaß teilen. Trotz Instagrams Algorithmen, die faschistisch gegen die Kunst gerichtet sind, ist es die beste Option, die wir haben. Es ermöglicht mir, mein Geschäft aufzubauen, ohne den "Tammany Hall-Vermietern" der Kunstmessen Mieten zu zahlen und große Mengen Geld für den Betrieb einer Galerie zu verschwenden, die kaum jemand besucht. Es ist also eine Plattform mit vielen Vor- und wenigen Nachteilen.

Was zeigen Sie auf Ihrem Account?
Alles was mich interessiert. Familie und Freunde, meine Fotografien, Kunst, alberne Cartoons, Architektur, politische Satire, Themen von globalem Interesse, Humor, Tiere, Blumen, Hunde, Katzen, Tanz und Reisen.

 

Was stört Sie an Instagram / an sozialen Medien?
Es gibt primär zwei Probleme – eines davon ist eher ein generelles, das andere ist spezieller und definierter. Das erste ist die Fähigkeit der Plattform, die Stimmen von Personen zu verstärken, deren simplizistischer und seelenloser Egozentrismus Agenden hervorbringt, die so leer sind wie ein unbeschriebenes Blatt Papier.

Und das andere?
Das zweite ist die Zensur der Orwellschen Algorithmen. Der weibliche Körper in der Kunst ist das Hauptziel. Die Plattform nimmt was Kunst angeht die Funktion der konservativen Rechten ein. Sie spiegelt die Verachtung und die Scheinheiligkeit wider, geistlose und kommerzialisierte Formen von Nacktheit und Sexualität zu akzeptieren und gleichzeitig ihre Komplexität und Schönheit, die vornehmlich in der Kultur reflektiert werden, abzulehnen. Wir Menschen, denen eine Stimme gegeben wurde, die sie nicht verantwortungsbewusst nutzen können, sind das eine Problem. Das andere sind die, die beschlossen haben, jenes Problem mit einem stumpfen Instrument zu kontrollieren: dem zeitgenössischen, gedankenlosen und unmenschlichen Algorithmus.Ich will hier nicht zu historisch werden, aber Geschichte in eine meiner Leidenschaften. Gebrauch und Missbrauch von Social Media ähneln dem Umgang mit militärischer Gewalt im Ersten Weltkrieg.

Inwiefern?
Die Welt war damals Zeuge eines technologischen Fortschritt vergleichloser Größenordnung geworden und hatte 50 Jahre Frieden erlebt. Als es zum Krieg kam, fehlte ein Verständnis dafür, welch entfesselte Konsequenzen jene Technologie in diesem Kontext haben würde. Mit den sozialen Medien ist es das Gleiche: Wir als Bevölkerung verstehen sowohl ihre positive als auch ihre negative Macht nicht vollkommen. Es gibt viel zu lernen: ihre Nutzung zu erlernen, zu respektieren und selbstständig zu regulieren während wir beginnen zu verstehen, wie sie auf einer globalen Ebene funktionieren. Es ist eine neue Technologie in ihren frühen Tagen. Hoffentlich werden wir uns ihr anpassen. Am Ende des Tages habe ich aber große Hoffnungen für uns alle. Wir als Spezies haben eine bestialische Fähigkeit, zu lernen und uns zu verbessern.

Was ist Ihr Lieblingsaccount?
Stephen Ellcock (@stephenellcock). Er ist der großartigste Online-Kunst-Kurator. Er ist die Social Media-Version des Metropolitan Museum of Art. Ein Mann, der sich als Freizeitbeschäftigung einer Vision verschrieben hat – unglaubliches Commitment bei allen Dingen. Ich denke, dass er eine der wichtigsten Figuren der Kunstwelt ist.