Tokio

Japanischer Architekt Kuma: Olympia-Stadion ist Symbol neuer Ära

Mit dem Beginn der Leichtathletik-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Tokio rückt zugleich eines der Prestigebauten des weltweit bekannten japanischen Architekten Kengo Kuma in den Fokus der Weltöffentlichkeit: Das neue imposante Olympiastadion im Herzen der japanischen Hauptstadt

"Ich wollte ein Design für eine neue Ära schaffen", die von wirtschaftlicher Stagnation und sinkenden Geburtenraten geprägt sei, erzählte der 66-jährige Kuma dieser Tage einer Gruppe ausländischer Journalisten am Rande des Mega-Spektakels. Statt wie in anderen asiatischen Großstädten immer höher zu bauen, sollte es in Tokio nach seiner Vorstellung um eine Rückbesinnung auf Japans "Ästhetik" und "Schönheit" alter japanischer Gebäude gehen.

Das neue Olympiastadion entstand an der Stelle jenes Stadions, wo 1964 die ersten Olympischen Spiele in Japan stattgefunden hatten. Die damalige von seinem Landsmann Kenzo Tange entworfene Arena, ein architektonisches Meisterwerk, habe der wirtschaftlichen Expansion Japans in den 1960ern entsprochen, so Kuma. Heute müsse es dagegen um "Menschlichkeit, Natur und Intimität" gehen und nicht um Expansion, sagte Kuma. Er habe denn auch bewusst einen "intimen, sehr subtilen Kontrast" zu Tanges "dramatischem, gigantischem, monumentalem" Design schaffen wollen, erzählt Kuma, dessen Ausstellung "Five Purr-fect Points for a New Public Space" im Rahmen der Japan Cultural Expo gerade in Tokios Nationalmuseum für moderne Kunst zu sehen ist.

Dabei war die Auswahl des Entwurfs für das neue Olympia-Stadion anfangs alles andere als glatt verlaufen. Ein erster Bauplan der aus dem Iran stammenden und inzwischen gestorbenen britischen Architektin Zaha Hadid war wegen scharfer öffentlicher Kritik unter anderem an den explodierenden Kosten verworfen worden. Daraufhin hatte die damalige japanische Regierung des rechtkonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe einen neuen Entwurf ausgelobt, diesmal nur unter japanischen Bewerberteams. Am Ende setzte sich Kuma 2015 zusammen mit dem Bauriesen Taisei und dem Konzern Azusa durch.

Damals habe man nicht erwartet, dass es zur Corona-Pandemie kommen würde, so Kuma. Doch das neue Stadion mit seiner "natürlichen Ventilation" und der Verwendung von Holz aus heimischem Anbau erfülle "glücklicherweise" auch in Bezug auf die Pandemie die Erfordernisse der heutigen Zeit, meint Kuma. Er verweist dabei auch auf die Sitze, die in fünf erdigen Farbtönen gestaltet sind und ein Mosaik bilden, das an einen von Sonnenstrahlen durchfluteten Wald erinnern soll. Dank dieses Mosaiks wirke das Stadion in Japan mit seiner schrumpfenden Bevölkerung gar nicht leer, wenn nur wenige Zuschauer da seien - oder wie jetzt zur Pandamie sogar gänzlich ohne Publikum.