"Wir können nicht warten, bis Greta alt genug ist, um im Parlament zu sitzen". Der dies spricht, ist nicht nur schon recht alt, sondern auch einer der wichtigsten hiesigen Filmemacher: Wim Wenders (76, "Paris, Texas") gehört zu denjenigen, die in Jim Raketes Klima-Dokumentation "Now" zu Wort kommen. Mit Greta meint er Greta Thunberg, die wohl bekannteste Aktivistin in Sachen Klimaschutz. Auch in diesem Film geht es um die junge Schwedin. Noch mehr aber um Aktivistinnen und Aktivisten wie Luisa Neubauer ("Fridays for Future"), Felix Finkbeiner (von der NGO "Plant for the Planet") und Zion Lights (von der Umweltbewegung "Extinction Rebellion").
Dass Regisseur Rakete, der sich einst in Berlin vor allem als Porträt-Fotograf einen Namen machte, in seinem 79-Minüter auch Statements zweier "Veteranen früherer Bewegungen" (Patti Smith und Wim Wenders) mit einflicht, dass erklärt der Regisseur so: "Weil auch diese Frage immer wieder auftauchte: Wie lange kann eine Bewegung durchhalten, wann schläft sie ein?" So berichtet Wenders etwa, das sein Engagement auf den Friedensdemos seiner Jugend an ein Ende kam, als es immer mehr um die Gewalt-Frage ging. Die jungen Klima-Aktivistinnen aber, denen sich Rakete hier vor allem widmet, das zeigen all die Bilder von trubeligen Demos und Protestaktionen, die sind hochaktiv. Einmal heißt es sogar: "Aktivismus macht Spaß".
Und der Aktivismus der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die hier vorgestellt werden, ist fürwahr ansteckend. Es ist beeindruckend zu sehen, mit wie viel Verve und Überzeugung und auch mit welch überzeugenden Worten Luisa und Co. für ihre Sache einstehen, dafür kämpfen. Weitaus beeindruckender jedenfalls als die, mit nur wenig Schwung, in zernuscheltem Englisch von Heiko Maas in die Kamera gesprochenen Worte: "It's the time for more decisions" (Es ist die Zeit für mehr Entscheidungen).
Derzeit steht das Klima wieder deutlicher im Fokus der tagespolitischen Debatten: der jüngst lancierte Bericht des Weltklimarats IPCC, die Hitzewellen in Italien, Griechenland, Kanada oder etwa Sibirien, die Überflutungen in der Bundesrepublik - und nicht zuletzt die in einem Monat anstehende Bundestagswahl. Nicht gänzlich auszuschließen, dass "Now" bei aller Zurückhaltung und Objektivität, die Rakete zu wahren sucht, in der Lage ist, den einen oder die andere Kinogängerin beim Urnengang im September ein klein wenig zu beeinflussen.