Plagiatsvorwürfe gegen Modelabel

"Das Verhalten von Zadig&Voltaire ist äußerst respektlos"

© Julian Charrière
© Julian Charrière

Julian Charrière

Das Video eines brennenden Brunnens gehört zu den bekanntesten Werken des Berliner Künstlers Julian Charrière. Er wirft dem Modelabel Zadig&Voltaire vor, diese Arbeit kopiert zu haben

Der Brunnen ist ein zentrales Objekt der Kunstgeschichte. Zahllose Bildhauer und Bildhauerinnen haben reich verzierte Exemplare geschaffen, und Marcel Duchamp adelte mit seinem Readymade "Fountain" ein handelsübliches Pissoir zu hoher Kunst. Auch Julian Charrière reihte sich 2019 in die lange Tradition der Brunnen-Gestalter ein. Für das Museo d'arte della Svizzera italiana (Masi) in Lugano realisierte der Berliner Künstler eine Performance mit einem Brunnen, der statt Wasser Feuer führte. Der Zeitlupen-Videoloop von brennenden Brunnen, die Arbeit "And Beneath It All Flows Liquid Fire", wurde dann in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, etwa vergangenes Jahr in einer Kollateralschau der Venedig-Biennale, 2020/21 im "Studio Berlin" im Berghain oder aktuell in der Langen Foundation.

Ein ganz ähnliches Video eines brennender Brunnens bei Nacht ist jetzt auch mehrmals auf dem Instagram-Account des Modelabels Zadig&Voltaire zu sehen. Das augenscheinlich computergenerierte Bewegtbild bewirbt eine Laufstegshow Ende Januar auf der Pariser Modewoche. Auch auf dem Event selbst liefen die Models um einen Flammenbrunnen. 


Mit "großer Enttäuschung" habe Julian Charrière von diesem Video erfahren. Er spricht in einem Statement für Monopol von einer "unerlaubten Nutzung meines Kunstwerks". Und weiter: "Kommerzielle Marken sollten sich nicht einfach rücksichtslos an den Werken von Künstlern bedienen können und sich gleichzeitig vor ernsthaften Konsequenzen in Sicherheit wiegen, weil sie glauben, dass sie aufgrund ihres Größenvorteils unantastbar seien."

Zudem gehe die mutmaßlichen Aneignung an der Intention seiner Arbeit vorbei: "And Beneath It All Flows Liquid Fire" solle "als Mahnmal gegen die Hybris des Menschen dienen, der sich über die Natur stellt und ihre Ressourcen plündert." Am meisten habe er sich geärgert, dass der Feuerbrunnen auf ein bloßes Spektakel reduziert worden sei, "wodurch seine ursprüngliche Kritik vollkommen ausgelöscht wird. Am stärksten empfand ich dies, als ich las, dass der Communication and Image Director von Zadig&Voltaire ankündigte, dass ihre FW23-Kampagne 'alles in Brand setzen' würde. In Anbetracht der gegebenen Situation liest sich das wie blanker Hohn und zeugt von großer Ignoranz gegenüber dem aktuellen Zustand unserer Welt, die angesichts von Krieg, Waldbränden und den existenziellen Bedrohungen unserer globalen Klimakrise bereits in Flammen steht."

Charrière habe versucht, mit dem Label eine Entschädigung auszuhandeln, die vollständig an eine gemeinnützige Organisation gehen sollte, die sich für den Schutz des Regenwaldes einsetzt. "Zadig&Voltaire hat mir jedoch sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie kein Interesse an einer gemeinsamen Lösung zur Unterstützung eines guten Zwecks haben."

Die zuständige Pressestelle von Zadig&Voltaire war bislang nicht für ein Statement erreichbar.