Nicole Eisenman in Bielefeld

Kämpfen und knutschen mit den Modernen

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In Bielefeld wird die US-Malerin Nicole Eisenman auf historische Werke losgelassen. Herausgekommen ist eine Arena der Konflikte ohne No-Go-Areas und die schlau gestellte Frage, was gute Malerei eigentlich ist

Sie verwende gern eine vertraute Rhetorik, um überkommene Vorstellungen zu brechen, hat Nicole Eisenman einmal gesagt. Das ist auch die künstlerische Strategie der "Köpfe, Küsse, Kämpfe" in der Kunsthalle Bielefeld, die sie in eine "Arena der Konflikte" (Direktorin Christina Végh) verwandelt. Die Schau ist ein Parforceritt durch die Kunstgeschichte, der auch malerische No-go-Areas mutig durchquert und so die Frage aufwirft, was "gute Kunst" im Gewand der Malerei eigentlich ausmacht.

Da wird mit ungelenker Hobby-Malerei kokettiert, beißender Kitsch zitiert – schlichtweg "Bad Painting" zelebriert. In einen frech ins Bild geklebten Sticker ritzt Eisenman den winzigen Kommentar: "Just because" – eben: weil sie’s kann! Jener Humor führt über ikonologische Brückenschläge direkt ins gesellschaftliche Hier und Jetzt: "Lesbian Recruitment Booth: Try it, you’ll like it!" lässt sich da etwa auf einem Bild lesen.

Wie immer sie rekrutiert wurden: Scharenweise bevölkern jedenfalls weibliche Akte die Szenarien. Sie polieren die Flinten und schießen sich ihr Wild selbst. Das drehen sie dann für einen Schmaus überm Feuer und sind von der Rolle des Augenschmauses befreit: Nicht etwa in raffinierten malerischen Valeurs treten sie auf, sondern als stilisierte Comic-Figuration. Jene marginalisierten Bildsprachen erfahren durch Eisenman eine Neubewertung und werden sozusagen als "Pride March" über die museale Bühne geschickt. Dieses malerische Trickstertum – bisweilen unverfroren, schmerzfrei, buchstäblich kackendreist – geht, und das ist der Clou, mit dem kuratorischen Konzept der Schau Hand in Hand.

Die Werke der klassischen Moderne, die mit den Werken der Amerikanerin in einen Dialog gebracht werden, erweisen sich als reichhaltiger Ideenfundus, der Eisenmans Spiel mit Bewertungen in einem historischen Resonanzraum spiegelt und dessen Entdeckung lohnt. Verblüffend ist nämlich etwa die Erkenntnis, dass sich kaum Qualitätsunterschiede zwischen den vermeintlichen Granden der Moderne und relativen No-Names ausmachen lassen – kanonischen Gewissheiten erteilt die Ausstellung eine Absage. Einst sprengte Eisenman das Whitney Museum symbolisch in die Luft – jetzt rollt die Druckwelle durch Ostwestfalen.