Wegen Militäroffensive in Syrien

Künstler und Akademiker fordern Boykott von türkischen Kultureinrichtungen

Teilnehmerinnen einer Demonstration gegen die türkische Militäroffensive in Syrien 
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Teilnehmerinnen einer Demonstration gegen die türkische Militäroffensive in Syrien in Nordrhein Westfalen

Wegen der Militäroperation gegen die Kurden in Nordsyrien haben rund 300 Künstler und Wissenschaftler einen Boykott türkischer Institutionen gefordert. Die Initiative befürchtet, dass die Menschenrechte irreversiblen Schaden nehmen 

Der Aufruf zum Boykott wurde auf der Seite der Initiative "Boykott Turkey" verbreitet. Als Unterzeichner sind über 300 Akademiker und Kulturschaffende aufgelistet. Auch die Künstler Simon Denny, Jonas Staal, Hiwa K und Alice Creischer, sowie Kurator Adam Szymczyk, Forensic-Architecture-Gründer Eyal Weizman und der linke US-Intellektuelle Noam Chomsky unterstützen die Kampagne. 

"Die Invasion des türkischen Staates in Nordostsyrien hat einen gefährlichen Kriegszustand in die einzige relativ stabile Region des Landes gebracht und bedroht das Leben Tausender mit willkürlichem Beschuss, Massenvertreibung und andauerndem Bombardement", heißt es auf der Website. "Der türkische Angriff droht enormen, vielleicht irreversiblen Schaden an internationalen Standards des Rechts, der Menschenrechte und der menschlichen Freiheit anzurichten. Es droht ebenfalls die Vernichtung eines einzigartigen Experiments der feministischen sozialen Transformation [in der Region]." 

In dem Statement werden außerdem die Untätigkeit und das Schweigen der internationalen Gemeinschaft angesichts einer angekündigten "ethnischen Säuberung" kritisiert. Ein Boykott von staatlich finanzierten Kulturinstitutionen und Veranstaltungen sowohl in der Türkei als auch im Ausland solle als Zeichen der Solidarität mit den Kurden in der Region gelesen werden und öffentlichen Druck auf die Türkei ausüben. Als Vorbild wird der Boykott gegen das südafrikanische Apartheids-Regime aufgeführt. Mit einzelnen türkischen Akteuren kann und soll jedoch weiter der Dialog gesucht werden. 

"Nein zur Normalisierung von Diktatur und Genozid"

"Der Boykott der Türkei ist nicht nur der Versuch, ein milliardenschweres Wirtschaftsimperium zu schwächen, das von Massakern, Autoritarismus und Einschüchterung profitiert", schreibt die kurdische Frauenrechtsaktivistin Dilar Dirik, die an der Universität in Oxford unterrichtet. "Er ist außerdem ein ethische Positionierung gegen die Ausbeutung, Terrorisierung und Vernichtung des kurdischen Volkes und anderer Communities, die vom türkischen Staat verfolgt werden. Der Boykott der Türkei heißt, "Nein" zur die Normalisierung und Weißwaschung von Diktatur und Genozid zu sagen."

Auch in Deutschland haben sich Kulturschaffende gegen die Türkei-Politik der Bundesregierung ausgesprochen. So forderte unter anderem die Künstlerin Hito Steyerl einen Waffenlieferungsstopp für die Türkei und ein Ende des EU-Flüchtlingsabkommens mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Bis die Regierung ihre Haltung ändere, sollen Hito Steyerls Werke nicht mehr in Institutionen des Bundes gezeigt werden, die der Außendarstellung Deutschlands dienen.  

Die Türkei bezeichnet ihre Militäroperation als Verteidigung gegen kurdische Milizen, die nötig sei, um eine Schutzzone für syrische Flüchtlinge zu errichten.