"Es lebe die Europäische Republik"

Künstler wollen eine EU ohne Nationen

Viele Künstler wollen am 10. November um 16 Uhr europaweit von mindestens 100 Theaterbalkonen oder auf öffentlichen Plätzen die "Europäische Republik" symbolisch ausrufen

In einem Manifest werde ein Europa ohne Nationen und ohne Grenzen gefordert und damit ein Zeichen gegen das Wiedererstarken der Nationalismen gesetzt, so die Organisatoren, zu denen auch der österreichische Schriftsteller Robert Menasse gehört. Ziel des "European Balcony Projects" als künstlerisch-politische Performance sei eine möglichst breitenwirksame Debatte über die Zukunft Europas noch vor den EU-Wahlen im Mai 2019, hieß es am Dienstag in Wien.

Anlass ist der 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs sowie die nahezu zeitgleiche Ausrufung von Republiken in verschiedenen europäischen Staaten. In Deutschland wird laut Organisatoren das Rote Rathaus in Berlin Schauplatz der Ausrufung sein. Weitere Aktionen finden unter anderem in Hamburg, Düsseldorf und Köln statt.

In dem Manifest wird der "Verrat" an der europäischen Idee angeprangert, die vor allem durch den Binnenmarkt und eine gemeinsame Währung begründet sei. "Der Binnenmarkt und der Euro konnten ohne politisches Dach zur leichten Beute einer neoliberalen Agenda werden, die der Idee der sozialen Gerechtigkeit widerspricht", so das Manifest. "Wir haben keine Rechtsgleichheit für Bürger", sagte die deutsche Politologin und Publizistin Ulrike Guérot. 

An die Stelle der Souveränität der Staaten soll laut Manifest die Souveränität der Bürger treten. Es gehe um den Grundsatz der allgemeinen politischen Gleichheit jenseits von Nationalität und Herkunft. Menasse, der zusammen mit Guérot das Manifest verfasst hat, ist überzeugter Europäer und hat 2017 für seinen Europa-Roman "Die Hauptstadt" den Deutschen Buchpreis erhalten.