"Nicht super-optimal gelaufen"

11 Kunst-Fails des Jahres

Wodka, Weltwunder, Wutausbrüche: Elf Kunst-Pannen, über die wir 2018 die Köpfe geschüttelt haben

Herrenrunde
Mitte Oktober besuchte der TV-Sender CBS" Donald Trump im Weißen Haus, und ein Detail im privaten Dining Room erregte dabei die größte Aufmerksamkeit: Der US-Präsident hatte sich wohl einen Kunstdruck des Gemäldes "The Republican Club" von Andy Thomas an die Wand gehängt, ein Print, der unter anderem in Washingtoner Souvenirläden zu finden ist. Darauf zu sehen ist ein sportlicher Trump umgeben von anderen republikanischen Präsidenten an einem Tisch. Die Stimmung ist gut, Abraham Lincoln scheint gerade etwas zu Trump zu sagen; der genießt es, im Zentrum des Geschehens zu sein (hier eine Bildbetrachtung von Saskia Trebing). Das Internet ist sich unterdessen einig: Schlechter Geschmack und schlechte Politik müssen etwas miteinander zu tun haben.  

 

Keramik-Penis
Der Keramik-Penis stand nur etwa eine Stunde lang - dann stolperte ein Mann während einer Ausstellungseröffnung im Kunstpalais Erlangen über das Kunstwerk. Der obere Teil zerbrach in mehrere Stücke. Für Künstlerin Anna Maria Bieniek ist dieser Vorfall Ende Oktober Drama und "schöne Geschichte" zugleich: Wegen des Unfalls erhalte sie wohl deutlich mehr Aufmerksamkeit als es sonst passiert wäre, sagt die 39-Jährige.

 

"Die dümmste Idee, die ich je hatte"
Ein Fotograf fotografiert sich im Dezember beim Sex auf Cheopspyramide – und sorgte für Empörung in Ägypten. Auf dem im Internet kursierenden Foto ist ein nacktes Paar auf dem knapp 140 Meter hohen Weltwunder der Antike beim – zumindest angedeuteten – Sex zu sehen. Auch ein Video verbreitete sich viral, es zeigt, wie der Fotograf und eine Freundin mitten in der Nacht die Pyramide am Rande Kairos heraufklettert. Der 23-Jährige sagte später, dass das Video echt sei, der Sex aber gestellt. Er bereue die Tat: "Das war die dümmste Idee, die ich je hatte. Westliche, privilegierte Jugend in seiner schlimmsten Form. Fehlt nur noch ein Joint und eine Flasche Wodka."

 

Banksy is not amused
Im August schickte ein Freund dem Künstler Banksy ein Foto mit einem Banner, das in Moskau für eine Banksy-Ausstellung wirbt. Es hing an der Fassade eines Ausstellungshauses neben der Neuen Tretjakow-Galerie. Auf den Hinweis, dass die Veranstalter dieser Ausstellung umgerechnet 20 Pfund Eintritt verlangen, schrieb ihm Banksy zurück und postete die Antwort auf Instagram: "Ich wünschte, ich könnte das lustig finden ... Du weißt, das hat nichts mit mir zu tun. Ich verlange keinen Eintritt, es sei denn, es gibt ein Riesenrad." Immer wieder wehrte sich der Street-Art-Künstler gegen inoffizielle Banksy-Ausstellungen, besonders gegen die, die von seinem ehemaligen Agenten Steve Lazarides organisiert werden. Auch in Berlin gab es dieses Jahr eine Schau von Lazarides: "The Art of Banksy" im Bikini-Haus.

 

Sprayer crossen H&M
H&M hat es sich 2018 gründlich mit der Street-Art-Szene verscherzt. Der New Yorker Künstler REVOK drohte dem Konzern mit einer Klage, weil seine Graffiti auf Werbefotos zu sehen war. Daraufhin antwortete ein Anwalt von H&M, dass Williams keine Urheberrechtsansprüche gelten machen könne, da die "Graffiti auf dem Eigentum New Yorks ohne Eigenwilligung der Stadt entstanden"  der schwedische Modegigant klagte zurück. Diese Reaktion löste eine Protestwelle in der Sprayer-Community aus, bemalte Filialen inklusive. Schließlich zog H&M seine Klage zurück und bekundete "Respekt" vor der Street-Art-Kultur. 

 

Waffenlobby wirbt mit Kapoor-Kunstwerk
2018 hat der britische Künstler Anish Kapoor erfolgreich gegen die amerikanische National Rifle Association geklagt. Die Schusswaffen-Lobby hat in ihrem Werbespot "The Violence of Lies" Kapoors wohl berühmteste Skulptur, "Cloud Gate" in Chicago, gezeigt. "Das ist ein Sieg nicht nur, weil das Urheberrecht meiner Arbeit verteidigt wird", ließ sich der Künstler zitieren, "sondern auch eine Solidaritätserklärung für alle, die sich der Waffengewalt in Amerika und anderswo entgegenstellen." Der NRA solle nicht erlaubt sein, Kunst für Propagandazwecke zu missbrauchen. In dem Werbespot wird an die "geballte Faust der Wahrheit" appelliert, Kapoor hingegen fordert eine geballte Faust des Widerstands, der Solidarität und Humanität.

 

Wodka im Museum
Im Mai beschädigte ein Mann in einem Moskauer Museum ein weltbekanntes Gemälde Ilja Repins. Der Besucher der Tretjakow-Galerie habe sich einen Metallpfosten gegriffen, der als Absperrung vor dem Bild "Iwan der Schreckliche und sein von ihm erschlagener Sohn am 16. November 1581" stand. Dann schlug  er auf das Werk ein. Das Schutzglas ging zu Bruch, die Leinwand zerriss an drei Stellen. Der Mann sagte später aus, vor der Tat Wodka getrunken zu haben. "Ich habe Alkohol im Museumscafé getrunken und mich über das Thema des Bildes aufgeregt", so der 37-Jährige beim Verhör. Er habe das Bild beschädigt, weil er die Darstellung der Fakten in dem Gemälde für unglaubwürdig halte. Das Bild wurde schon 1913 schwer beschädigt. Damals stach ein Mann dreimal mit einem Messer auf die Leinwand ein. Seit 1927 ist es durch eine Glasscheibe geschützt.

 

"Nicht super-optimal": Forstamt mäht Kunstwerk weg
Die Stadt Stuttgart hat im April das Kunstwerk "Sanctuarium" von Herman de Vries im Zuge einer "Pflegemaßnahme" zerstört. Bei dem 1993 zur Internationalen Gartenausstellung entstandenen Werk handelte es sich um eine von einem Zaun umkreiste Fläche, in der die Natur seit 25 Jahren ungehindert wuchern durfte.Die Galerie Geiger, von der de Vries vertreten wird, sprach von einem "Akt beispielloser Ignoranz". Der Künstler selbst sagte gegenüber dem SWR: "Im Sanctuarium stand jetzt ein kleiner Wald. Der ist weg. Damit sind 25 Jahre Wachstum verloren gegangen. Es kommt sicher wieder, das ist klar, aber das Konzept ist gestört." Seitens des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes gibt es wenig Verständnis. Amtsleiter Volker Schirner: "Ich sage ja nicht, dass es super-optimal gelaufen ist. Da sich aber schon in wenigen Wochen dort die Natur den Platz zurückholen wird, würde ich nicht von einem Frevel sprechen."

 

Unfreiwillige Propaganda
Eine Gruppe, die für den sogenannten "Islamischen Staat" (IS) wirbt, hat für ein Propagandabild ein Porträtfoto des Berliner Künstlers Julius von Bismarck benutzt. Asawirti Media, eine inoffizielle PR-Agentur des IS, rekrutiert damit Mitarbeiter und Unterstützer. Der Künstler Simon Menner war im Zuge von Recherchen über den IS auf das Bild gestoßen und hat von Bismarck darüber informiert. Auf dem Originalfoto ist von Bismarck mit seinem "Image Fulgurator" zu sehen, ein Gerät, das eine Projektion auf ein in dem Moment fotografiertes Objekt wirft und für das der Künstler 2008 mit dem Prix Ars Electronica ausgezeichnet wurde. Von Bismarck hält das Gerät wie eine Waffe – was offenbar den Islamisten gefiel. In ihrer Bearbeitung ist das Gesicht des Künstlers unkenntlich gemacht, und es sind echte Waffen im Hintergrund zu sehen.

 

Mit 29.500 Jahren noch zu heiß für Facebook
"Es gibt keinen Grund, die Venus von Willendorf zu bedecken und ihre Nacktheit zu verstecken. Weder im Museum noch in den sozialen Medien", sagte Christian Köberl, Direktor des Naturhistorischen Museums in Wien der "Art Newspaper", nachdem Facebook Abbildungen der berühmten steinzeitlichen Plastik gelöscht hatte. Das wichtigste Ausstellungsstück des Wiener Museums wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im österreichischen Ort Willendorf entdeckt, dem es seinen Namen verdankt. Die elf Zentimeter kleine Statuette stellt eine nackte Frau dar. Die italienische Künstlerin Laura Ghianda hatte ein Foto der Venus auf Facebook hochgeladen, die laut dem sozialen Netzwerk als Nacktdarstellung gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstießen. Facebook löschte die Bilder und sperrte das Profil von Ghianda, die in der Zensur einen "Krieg gegen die menschliche Kultur" sieht. Das Naturhistorischen Museum Wien schrieb dann Facebook: "Seit 29.500 Jahren präsentiert sich 'unsere' Venus von Willendorf als prähistorisches Fruchtbarkeitssymbol unbekleidet in voller Pracht. (...) Das wollen wir so nicht hinnehmen und plädieren: Die Venus muss nackt bleiben dürfen."

 

 

Alice Weidel mag Ai Weiwei
"#AiWeiwei ist in der Hauptstadt!!!! Ich hätte mich fast nicht getraut, ihn nach einem Selfie zu fragen ;-)",  twitterte Alice Weidel im April und postete ein Selfie mit dem Künstler. Die AfD-Politikerin sagte später , das Zusammentreffen sei zufällig gewesen. "Ich schätze und bewundere seine Kunst seit Jahren. Ai Weiweis Einsatz für die Freiheit und sein Kampf gegen staatliche Repressionen zolle ich größten Respekt." Weidel war als Unternehmensberaterin häufig beruflich in China gewesen. Ai Weiwei setzt sich in seiner Kunst, seinen Filmen und in Statements für eine humane Flüchtlingspolitik ein. Unter anderem besuchte er im Dezember 2015 auf der griechischen Insel Lesbos Flüchtlinge, die dort auf dem Weg nach Mitteleuropa festsaßen. Die AfD hingegen hatte sich im Bundestagswahlkampf 2017 vor allem als Anti-Asyl-Partei profiliert.