Berlinale Shorts

Kurz und schmerzvoll

In fünf Blöcken zeigen die "Berlinale Shorts" neue Kurzfilme. Eine Auswahl

In dem Block "Vom Aufgang der Sonne" läuft "Martin Pleure" von Jonathan Vinel. Wie im Computerspiel "Grand Theft Auto" hinterlässt der Protagonist Martin eine Spur der Gewalt, die in ein blutiges Gefecht mit der Polizei mündet. Im Off wird Martins Geschichte erzählt, eine Geschichte von Wut und Einsamkeit. Was ist Freundschaft? "Martin Pleure" regt zum Nachdenken über Beziehungen an. "Keep That Dream Burning" von Rainer Kohlberger ist abstrakter. Bildrauschen und sphärische Musik dominieren, ab und zu sind Formen erkennbar. Kohlberger hat einen meditativen Film geschaffen, der den Zuschauer in einen tranceähnlichen Zustand versetzt.

Der Block "Vom Glanz der Sterne" beginnt mit "Kometen". Der schwedische Regisseur Victor Lindgren erzählt darin eine Fluchtgeschichte. Die eigentlich kaum vorstellbare Gefühlslage des Flüchtlings wird eindrucksvoll angedeutet. Wenn die Hauptfigur im schneebedeckten, friedlich wirkenden Schweden ankommt, fragt man sich: Was ist Frieden, was bringt er einem, der von Familie und Freunden getrennt ist? Trotz der historischen Ausgangssituation ist die Kurzdoku "Miss Holocaust" von bissigem Humor geprägt. Die Wahl einer "Miss Holocaust Survivor" gibt es in Israel tatsächlich. Dabei lässt der Film einen fast vergessen, worum es hier eigentlich geht: Den Holocaust und seine Beteiligten nicht zu vergessen und zuzuhören, was sie zu sagen haben.

Die Zusammenstellung "Ende ist gleich Anfang" punktet unter anderem mit "Fishing Is Not Done On Tuesdays" von Marcel Odenbach und Lukas Marxt. Gemessen an der "Story" verwirrt der Film zwar ein wenig, aber die Kamerafahrten und Standbilder aus Ghana sind visuell erstklassig gelungen.

Der Block "Utopia Unplugged" enthält Helen Yanovskys "The Boy from H2": Der zwölfjährige Palästinenser Muhammad lebt im Westjordanland. Die Dokumentation begleitet den Alltag des Jungen und schafft ein eindrückliches Porträt im Zeichen von Gewalt und Angst.

"The Crying Conch" innerhalb des Blockes "Zurück in die Zukunft" handelt von einem Mann aus Guinea, der als Sklave auf einem Schiff nach Haiti verfrachtet wird. Die Geschichte seiner Flucht wirkt dank der gekonnten Aufnahmen wie eine Foto-Story. Der portugiesische Film "Os Humores Artificiais" denkt über die Zukunft künstlicher Intelligenz nach. Eine Wissenschaftlerin entwickelt eine sprechende und fühlende Kugel namens Andy Coughman. Kann alles, was uns menschlich macht, einfach nur programmiert werden? Eine heikle Frage.

Die Kuratorin Maike Mia Höhne hat eine interessante Auswahl für die Berlinale Shorts getroffen. Die Jury – bestehend aus dem Künstler Christian Jankowski, Kuratorin Kimberly Drew und Carlos Núñez, künstlerischer Leiter des SANFIC Santiago International Film Festival – wird den Gewinner des Silbernen sowie des Goldenen Bären bestimmen. Außerdem wird der mit 20.000 Euro dotierte Audi Short Film Award vergeben und eine Nominierung für die European Film Awards ausgesprochen.