John Bock und Lars Eidinger

Abfall, Sex und Größenwahn

Künstler John Bock und Tausendsassa Lars Eidinger haben sich für eine Inszenierung von "Peer Gynt" zusammengetan. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß bunt und chaotisch

Auch wenn vom überbordenden Bühnenbild voller blubbernder Reagenzgläser und Bergen aus Alltagsschrott wenig zu erkennen ist, vermitteln die Ankündigungs-Fotos einen treffenden Eindruck von John Bocks und Lars Eidingers selbsterklärtem "Taten-Drang-Drama". Eidinger gibt sich gleichsam aufreizend und verrückt, er posiert in Trainingshosen-Strapsen, spielt Alufolien-Keyboard hält jenen Ekel-Smoothie aus Bier und Würstchen in der Hand, den er Abend für Abend in der Schaubühne herunterwürgt. Wer Nackheit auf der Bühne als billiges Schock-Instrument empfindet, wird mit Bocks und Eidingers "Peer Gynt" seine Probleme haben.

Als "gnadenlos verpoppt" beschreibt Simon Strauss die Inszenierung in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Mit seinem mythomanischen Bauernsohn Peer Gynt schuf der Lyriker Henrik Ibsen 1867 eine Figur, der nordische Heldenmythen infrage stellte. Das Muttersöhnchen, das sich in eine selbst erdachte Fabelwelt flüchtet, wird bei Eidinger und Bock zur narzisstisch-hyperaktiven Ausgeburt der aufmerksamkeitsökonomischen Gesellschaft. Eidinger zieht seine Ein-Mann-Show ab, spricht mit computergenerierten Stimmen, interagiert mit dem per Video eingeblendeten Trollkönig Bock, beamt sich via Greenscreen in einen Pornofilm hinein und lässt sich einen Vortrag des Psychoanalytikers Eugen Drewermann auf das weiß geschminkte Gesicht projizieren.

So sensorisch überfordernd das Stück durch die Bock-typisch eklektische Kulisse und Eidingers überbordendes Auftreten stellenweise sein mag, stimmig ist es allemal. Kaum jemand ist so gut gemacht für die Rolle des geltüngssüchtigen Gynt wie Eidinger, der als Schauspieler, Künstler, Aktivist, Influencer und seit neustem auch Skandalnudel auf allen Kanälen gleichzeitig senden will.