Malerin Lunita July Dorn

Unterwegs in der Fantasiewelt

Selbstbewusst, unabhängig und ganz in ihrem eigenen Kosmos – die Protagonistinnen in der Malerei von Lunita July Dorn machen ihr Ding, genau wie die Berliner Künstlerin. Nun ist sie für den Young Generation Art Award nominiert

Ernster, herausfordernder Blick, meist eine Zigarette im Mundwinkel: Das ist die Protagonistin in vielen Gemälden von Lunita July Dorn. Manchmal sitzt ein Vogel in ihrem Haar, als wäre sie eine Piratin. Manchmal sind ein oder zwei Augen mit einem Pinselstrich barrikadiert, als trüge die Figur reine Malerei als Sonnenbrille. Dorns Heldin kann Blumen in der Hand halten, ohne im Mindesten lieblich zu wirken. Wenn sie in Bewegung ist, sind ihre Schritte zielstrebig. Wenn sie mit anderen zusammen gezeigt wird, in freundschaftlich-intimen Konstellationen, wirkt sie doch jederzeit ganz bei sich – selbstbewusst und geheimnisvoll.

In dem lichtdurchfluteten, großzügigen Atelier von Lunita July Dorn an der Weißensee Kunsthochschule Berlin kann man diese junge Frau in verschiedenen Varianten sehen. Und das "Original" natürlich auch. Ihr Tabak liegt auf dem Tisch, die nächste Zigarette ist in Arbeit. "Meine Bilder zeigen mich – und doch geht es nicht vor allem um mich", sagt Dorn. Die weibliche Figur in ihren Arbeiten sei eine Projektionsfläche, ihre Bilder seien ein Ausdruck innerer Zustände.

Dorn, 1999 in Berlin geboren, strahlt große Freiheit aus, und wenn sie von ihrer Kindheit erzählt, versteht man, warum. Sie wuchs in verschiedenen Kreuzberger Punk-WGs auf, der Görlitzer Park war ihr Revier. Ihr Vater machte Musik, alle waren immer kreativ, sie durfte Bilder an die Wände malen – und die Eltern strichen respektvoll um ihre Zeichnungen herum. Zunächst entschied sie sich für eine Ausbildung als Modedesignerin, bis sie sich eingestand, dass sie Künstlerin werden wollte, und sich an der Kunsthochschule bewarb.

"Ich habe die Schüchternheit abgelegt"

Seit 2020 studiert sie an der Kunsthochschule Weißensee in der Klasse von Friederike Feldmann und genießt dort den Austausch mit anderen Studierenden. "Ständig mit den Leuten zu reden und meine Arbeiten viel zu zeigen, hat meine Arbeitsweise stark verändert. Ich habe die Schüchternheit abgelegt. Eine Zeit lang habe ich sogar im Gang gearbeitet, weil es in den Ateliers zu voll war, und jeder konnte meine halb fertigen Arbeiten sehen." Doch sie lernt nicht nur von den Kommilitonen, sondern liebt auch die alten Meister. "Ich war kürzlich in Paris und habe mir die Seerosen von Monet angeguckt – da saß ich bestimmt drei Stunden davor."

Dorn fotografiert auch, experimentiert mit Skulptur und Keramik, zählt das bislang jedoch nicht zu ihrem Werk. Ihr eigentliches Medium ist die Malerei. Sie arbeitet ohne Vorzeichnungen, probiert viel aus und übermalt wieder. Formen deutet sie bewusst oft nur an, sie abstrahiert die Hintergründe, nutzt Symbole und Zeichen. Ausgangspunkt der Bilder sind häufig bestimmte Sätze oder Liedzeilen, die sie beim Malen im Kopf hat. Manchmal hört sie dabei auch einen bestimmten Song in Dauerschleife. Am Ende sind die Bilder jedoch niemals Illustrationen ihrer Titel – es ist eher so, als würde sie zwei parallele Dinge nebeneinanderher führen. "Ich bin viel in meiner Fantasiewelt unterwegs", sagt Lunita July Dorn. Eine Gefühlswelt, die sie gar nicht im Detail beschreiben möchte – die sich aber in ihren klaren, oft surrealen Bildern transportiert.

Dieser Artikel erschien zuerst in Monopol 11/2025.