Grien und van Eeden in Karlsruhe

Schönheit und Tod

Der niederländische Künstler Marcel van Eeden nähert sich in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe Hans Baldung Grien, einem der eigenwilligsten Künstler des 16. Jahrhunderts

Hans Baldung, genannt Grien, gilt als einer der eigenwilligsten Künstler des 16. Jahrhunderts. Der gebürtige Schwabe hatte unter anderem bei Albrecht Dürer gelernt, sich dann aber mit seinen originellen Bildfindungen von dem Meister emanzipiert. Drastischer als jeder andere Künstler seiner Zeit kontrastierte er das Schöne und das Hässliche, Erotik und Tod. Noch bis zum 8. März wird sein Werk in einer großen Überblicksschau der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe gezeigt – flankiert von einer Ausstellung des niederländischen Zeichners Marcel van Eeden. Van Eeden ist bekannt durch seine comicartigen Zeichnungsserien, die oft die düstere Atmosphäre eines Film noir atmen. Auch in seiner Ausstellung "Das Karlsruher Skizzenbuch" entwickelt er in 25 Schwarz-Weiß-Zeichnungen einen veritablen Krimi – mit Hans Baldung Grien im Zentrum.

Herr van Eeden, was ist für Sie das Besondere an den Werken von Hans Baldung Grien?

Besonders faszinierend finde ich seine Hexendarstellungen. Sie wirken geradezu zeitgenössisch. Sie sind viel pornografischer und hässlicher als beispielsweise bei Dürer. Das war damals sehr neu und sehr speziell. Hans Baldung Grien folgt nicht den gängigen Schönheitsidealen, sondern malt auch alte, hässliche Körper. Ich hätte gar nicht erwartet, dass das im 16. Jahrhundert schon so möglich war. 1959 gab es schon einmal eine große Ausstellung von Hans Baldung Grien in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Ich habe mir den Katalog angeschaut, da sind die schlimmsten Abbildungen gar nicht drin. Ein sehr bekanntes Bild zum Beispiel, wo eine nackte Hexe einem Monster in den Mund pinkelt. Ich vermute, das konnte man in den 1950er-Jahren gar nicht zeigen.

Warum hat er das wohl gemacht?

Das weiß man nicht so genau. Er lebte lange in Straßburg, dort waren die Hexen und die Hexenverfolgung ein großes Thema bei den Geistlichen. Vielleicht hat er sich mit diesen Bildern auch neue Sammler erschlossen. Es war die Zeit der Reformation, des Bildersturms, die Kirche war nicht mehr so ein großer Abnehmer für Kunst. Die Leute haben mehr Profanes verlangt, Porträts und so etwas. Und offenbar diese Schreckensbilder.

Wie nehmen Sie seine Kunst in Ihrem "Karlsruher Skizzenbuch" auf?

Ich habe mich vor allem für Griens Skizzenbuch interessiert und es in meine Geschichte mit einbezogen. Ich sammele Faksimiles von Skizzenbüchern, das sind schöne Objekte. Man kommt über die Skizzen dem Denken eines Künstlers einfach am nächsten – wahrscheinlich ist das für mich als Zeichner besonders wichtig. Grien hat eine komische Art zu zeichnen, die Arme sind immer ein bisschen verdreht, die Augen sitzen schief im Kopf. Man kann sagen, das ist schlecht gemacht, aber eben auch viel interessanter als eine perfekte Zeichnung von Dürer.

Und welche Rolle spielt dieses Skizzenbuch in Ihrer Geschichte?

Die Geschichte ist komplex. Es geht um einen Mordkomplott, Albrecht Dürer und Matthias Grünewald spielen auch mit. Zur Zeit der Bauernkriege ist Grünewald nach Mainz geflohen. Damals hat er gesehen, wie der Mainzer Kardinal Albrecht von Brandenburg …

… einer der wichtigsten Gegenspieler Martin Luthers …

… rund 3000 reformierte Bauern abschlachten ließ, teilweise wurden ihnen die Augen ausgestochen. In meiner Geschichte führt das zu einer Verschwörung von Dürer und Grünewald gegen von Brandenburg. Sie reisen dann nach Holland, was auch stimmt, Dürer ist wirklich in Holland gewesen – mit Hans Baldung Griens Skizzenbuch im Gepäck. Sie suchen dort eine giftige Pflanze, die Grien gezeichnet hat. Dann gibt es noch eine Rahmenhandlung mit einem jungen Kunsthistoriker, der während des Ersten Weltkriegs nach Karlsruhe kommt, den damaligen Leiter der Kunsthalle Hans Thoma aufsucht und diesen Mordversuch aufklären will.

Und? Wie geht’s aus?

Vielleicht klaut der junge Mann ja noch das Skizzenbuch. Meine Geschichten gehen immer weiter.