China

Massive Zensur beim Lianzhou-Fotofestival

Foto: Daniel Völzke
Foto: Daniel Völzke
Im Innenhof des neugebauten Lianzhou Museum, Hauptaustragungsort des Fotofestivals von Lianzhou

Mit großem Pomp wurde im vergangenen Jahr in der südchinesischen Provinz Guangdong das Lianzhou Museum of Photography eröffnet, das erste Museum in China, das sich ausschließlich der zeitgenössischen Fotografie widmet. Bei der jetzigen Ausgabe des jährlichen Lianzhou-Fotofestivals gab es massive Zensur-Eingriffe durch die lokalen Behörden

Der deutsche Künstler Sven Johne, Teilnehmer des Festivals, berichtet von 119 abgehängten Arbeiten und bezieht sich dabei auf den französischen Kurator Jerome Sother. Eine Pressesprecherin des Museum hingegen spricht von 80 abgehängten Arbeiten, will aber die Zensur nicht weiter kommentieren. Wir haben Johne telefonisch erreicht.

Sven Johne, das internationale Fotofestival Lianzhou Foto gibt es schon 14 Jahre. Hatten Sie vor Ihrer Einladung dahin davon gehört?
Nein, hatte ich noch nicht.

Sie waren – neben Tobias Zielony, Sebastian Stumpf und Oliver Sieber – einer der vier deutschen Künstler, die auf die diesjährigen Ausgabe mit dem Motto "The Wind of Time" eingeladen wurde. Wer hat Sie ausgewählt?
Der französische Kurator Jerome Sother, den ich schon sehr lange kenne. Er verfolgt meine Arbeit seit vielen Jahren.

Im vergangenen Jahr wurden beim Lianzhou Foto Aktfotos von lokalen Behörden an den entscheidenden Stellen mit Isolierband überklebt, in diesem Jahr ging die Zensur offenbar weiter.
Wie ich gehört habe, gab es die "normale" Vorabzensur in Peking, wo erst einmal alles rausgenommen wurde, was man an nackter Haut, Tattoos, aufmüpfiger Jugend nicht haben wollte. Dann wurden alle Arbeiten, die durch diese Zensur gegangen sind, vor Ort produziert. In der Nacht vor der Eröffnung haben drei Mitarbeiter der lokalen Behörde völlig willkürlich 119 Bilder abgehängt, wie mir Jerome Sother mitteilte. Zielony, Stumpf und mich ließ man hängen, warum auch immer. Ich glaube, dass die Kommunikation zwischen den Veranstalter und den Behörden nicht optimal lief und die Offiziellen damit sagen wollten: Wir können aber auch anders. Der Raum von Oliver Sieber wurde am Ende komplett geschlossen, eine Eisenkette angebracht. Dabei wurde mit einer Fotografie Sieberts in der ganzen Stadt das Festivals beworben, Besucher konnten die Arbeit nun aber gar nicht mehr sehen. Absurd. 

Wie hat der Kurator, wie haben die Künstler reagiert?
Jerome Sother war sauer. Er ist neben den Zensoren gelaufen und hat versucht, etwas zu erklären, aber die scheuchten ihn weg wie eine lästige Fliege. Da gibt es keine Kommunikation. Die Künstler haben sich beraten: Sollen wir vor Ort reagieren? Oder machen wir es öffentlich und in Zukunft meiden Künstler dieses Festival. Letzteres ist mein Standpunkt.

Es scheint, dass die Ko-Direktoren Duan Yuting und François Cheval nicht gerne über diese Probleme sprechen, um überhaupt arbeiten zu können.
Wie man unter solchen Bedingungen ein Festival machen kann, weiß ich nicht. Als Künstler kann man sich verhalten und sagen: Dann macht es eben allein, ohne mich. Ich glaube, das trifft sie am ehesten. Wenn es denen tatsächlich um interkulturellen Austausch geht, kann der lokale Zensor nicht als Ko-Kurator auftreten.

Die Stadt schmückt sich mit dem Festival. Vor der Eröffnung gibt es eine pompöse Veranstaltung mit Tanz und Reden …
… diesmal wurde sogar der Staatspräsident Xi Jinping als Animation eingespielt, dazu Fahnen und rasselnde Soldaten. Das Festival schmückt sich mit dem Slogan "The Best of Photography from all over the World". Wenn aber Zensur in solchem Ausmaß in Nordkorea passiert wäre oder früher in der DDR, wo ich aufgewachsen bin, dann hätte der Veranstalter mit ziemlicher Sicherheit auch reagiert. Wir Künstler können dazu nicht schweigen. Das einfach zu übergehen, wäre auch ein Armutszeugnis des politischen Westens.