Capitain Petzel

Materie gewordene Erinnerung: Monika Sosnowska in Berlin

Monika Sosnowska ist die perfekte Künstlerin für die Galerieräume von Capitain Petzel in Berlin, und die Räume sind perfekt für sie. Sosnowska Werk, das zwischen architektonischen Eingriffen und Skulptur balanciert, bezieht sich regelmäßig auf die spezifische Ästhetik der Moderne ihres Heimatlandes Polen – Höhepunkt war ihr Beitrag zur Venedig-Biennale 2007, als sie das Stahlgerüst eines polnischen Fertighauses aus den 60er-Jahren in den neoklassizistischen polnischen Pavillon quetschte. In Berlin hat die 1972 in Warschau geborene Künstlerin nun mit dem 1300 Quadratmeter großen Glaskasten der Galerie Capitain Petzel ein Musterbeispiel der sozialistischen Moderne zur Verfügung: 1961 wurde er als repräsentative Kunstgalerie in Staatsdiensten gebaut, nach 1991 diente er unter anderem als Ausstellungsraum für einen BMW-Händler.
 
Sosnowka betont noch seinen Charakter als Showroom, indem sie ihre Objekte in einer präzisen Linie hinter den großen Schaufenstern aufreiht. Ihr Thema ist die Umwandlung von Gebrauchsobjekten in Skulptur: ein Picknick-Tisch hat die dazugehörigen Hocker aufwärts geklappt, ein umgedrehter Metallstuhl verschränkt die Beine, eine Tür ist zersägt worden, so dass ihr Inneres aufschwingt, ohne dass man die Klinke berühren müsste. An der hinteren Wand der Galerie hängt ein Treppengeländer, das sorgfältig zum abstrakten Bild verdreht wurde. Und in der Mitte fungiert eine architektonische Skulptur mit Spiegeln zu beiden Seiten wie eine Art visueller Barriere und Verlängerung der beiden Ausstellungshälften.
 
Hier hat Sosnowska ein Fragment einer Bar in einer polnischen Kleinstadt nachgebaut, als Materie gewordene Erinnerung, nur dass die Erinnerung – wie so oft – bruchstückhaft ist: Der ganze Raum ist nicht mehr rekonstruierbar für sie, nur eine Ecke, von der sie eine Fotografie besitzt, und die ist jetzt als architektonische Skulptur materialisiert. Am Ende steht noch eine Metallskulptur aus wenigen erratischen Metallstücken: ein ironisches Denkmal für die Metalldiebe, die vor allem in Osteuropa zur Zeit den hochbegehrten Eisenschrott zu Geld machen.
 
So laviert Sosnowska, die am vergangenen Wochenende den Robert-Jacobson-Preis der Stiftung Würth entgegennehmen konnte, in ihrer ersten Einzelschau in der Berliner Dependance ihrer Galeristin Gisela Capitain clever und stilsicher zwischen der Form und dem gesellschaftlichen Kontext, zwischen ästhetischer Finesse und Stilgeschichte, die immer auch politische Geschichte ist.
 

 
Bis 29. August 2009, Capitain Petzel, Karl-Marx-Allee 45,  Berlin