Unesco-Titel

Mathildenhöhe in Darmstadt ist jetzt Weltkulturerbe

Die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt
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Die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt

Als Welterbe gelten Kultur- und Naturstätten von herausragendem universellen Wert. Die Unesco verlieh jetzt der Künstlerkolonie Mathildenhöhe die Auszeichnung. Das Ensemble markiert den Wendepunkt in Architektur und Kunst an der Schwelle zum 20. Jahrhundert. Auch drei deutsche Badeorte dürfen sich nun Welterbe nennen

Deutschland kann sich mit neuen Welterbestätten schmücken. Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) zeichnete Baden-Baden, Bad Ems und Bad Kissingen zusammen mit acht anderen europäischen Kurorten als "Große Bäder Europas" mit der begehrten Auszeichnung aus. Auch wurde die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt zum Weltkulturerbe erkoren. Das zuständige Komitee der Unesco traf die Entscheidungen am Samstag auf seiner 44. Sitzung in der chinesischen Stadt Fuzhou.

Die Verkündung, die live auf Leinwänden verfolgt werden konnte, wurde in den einzelnen Orten mit großem Jubel aufgenommen."Im Antlitz der heute ausgezeichneten Kurstädte spiegelt sich Europa", sagte die Präsidentin der deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. "Vielfalt und Einheit gehen hier Hand in Hand." Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering, würdigte die Mathildenhöhe, die "für den Aufbruch von Architektur und Design in eine neue Zeit" stehe. "Von ihren Ideen profitieren wir noch heute."

Die Mathildenhöhe in Darmstadt aus der Wende zum 20. Jahrhundert besteht aus dem Hochzeitsturm, einer russischen Kapelle, weiteren Gebäuden, einer Parkanlage und Skulpturen. Die Künstlerkolonie gilt als Schnittpunkt zur Moderne der Architektur - nicht einfach ein Jugendstil-Ensemble, sondern ein Schritt zum Bauhaus. Peter Behrens als einer der ersten Künstler war später Lehrer des Bauhausbegründers Walter Gropius.

Die Intention zum Bau der Kolonie war im ausgehenden 19. Jahrhundert keineswegs nur kultureller, sondern handfester ökonomischer Natur. Der hessische Großherzog Ernst Ludwig sah mangels Bodenschätzen einen Wirtschaftsaufschwung nur durch mehr Qualität in den Manufakturen gewährleistet und holte Künstler aller Couleur nach Darmstadt.

"Die Mathildenhöhe ist ein weltweit herausragendes Beispiel visionärer Gestaltungskunst", sagte die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer. "Künstlerinnen und Architekten haben hier an der Nahtstelle von Jugendstil und Neuem Bauen Pionierarbeit geleistet." 14 Jahre lang, von 1901 bis 1914, sei die Mathildenhöhe eines der wichtigsten Zentren moderner Kunst und Architektur in Europa und der Welt gewesen. Vier internationale Ausstellungen trugen in dieser Zeit dazu bei, Architektur und Design in ein neues Zeitalter zu führen. Klare Linien, Klinkerfriesen, umlaufende Fensterfronten, Flachdächer, wie sie im Bauhaus zu vorherrschenden Stilelementen wurden, sah man erstmals in Darmstadt.

Das Welterbekomitee tagt noch bis zum 31. Juli online und vor Ort. Es setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention zusammen. Es entscheidet in der Regel jährlich über die Einschreibung neuer Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste und befasst sich mit dem Zustand eingeschriebener Stätten. Wegen der Pandemie war die Tagung im vergangenen Jahr verschoben worden. Auf der Welterbeliste stehen mehr als 1100 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern. 51 davon gelten als bedroht. Deutschland hat jetzt 48 Welterbestätten.