Medienschau

"Der Graben zwischen Ost und West wird tiefer"

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Fotograf Daniel Biskup über Ostdeutschland, Weimer vs Göring-Eckardt bei "Maischberger" und Trump auf Mount Rushmore: Das ist unsere Presseschau am Dienstag

Debatte

Gestern waren in der ARD-Sendung "Maischberger" die Grünen-Abgeordnete Katrin Göring-Eckardt und der Kulturstaatsminister Wolfram Weimer zu Gast, und wieder ging es um angebliche Cancel Culture; Weimer scheint besessen von dem Thema. Göring-Eckardt widersprach dessen Kritik an sich angeblich verengenden Diskursräumen und plädierte für ein anständiges Gespräch über Begriffe. Sie hält Weimers Beispiele für überzogen und sieht eher die queere Community unter Druck. Die Politikerin argumentierte, wer frei rede, müsse eben mit Gegenwind rechnen, während Weimer erneut auf Umfragen verweist, laut denen nur noch 40 Prozent glauben, man könne in Deutschland frei sagen, was man denke. Dass allein aus Höflichkeit nicht alles gesagt wird, blieb einmal mehr unthematisiert. In der "SZ" meint Jörg Häntzschel, dass Weimer anekdotisch argumentiere und sich von der Realität entferne, etwa wenn er ein angebliches Karl-May-Verbot anführt, das so nicht existiert. Häntzschel sieht Weimer als "One-Trick-Pony", das immer dieselbe Rolle spiele und sich als Verteidiger der "bürgerlichen Mitte" inszeniere, was zunehmend ermüde. Erst gegen Ende der Sendung äußerte Weimer konkrete Positionen, etwa zur Rücknahme des "Compact"-Verbots und seiner Unterstützung für eine Digitalsteuer auf Techwerbung, was Häntzschel als Fortschritt wertet. In der "FAZ" sieht Christian Geyer den Kulturstaatsminister als Verfechter einer "gefühlten" Meinungsfreiheit. Er beschreibt die Sendung als inszenierten Zirkelschluss, bei dem Weimer sich als Kämpfer gegen "Haltungsgebote" inszeniere, während Göring-Eckardt selbst Vorstellungen davon habe, wer "Streit" bekommen dürfe. Der Autor wertet die Sendung als Lehrstück, das Weimers Anliegen unbeabsichtigt stützte und ihm half, sich als Verteidiger gegen politische Korrektheit zu positionieren. Die "Bild" jubelt jedenfalls: "Kulturminister zerlegt grüne Verbotspolitik".


 


Fotografie

Daniel Biskup wird im "Welt"-Interview als Fotograf befragt, der den Osten Deutschlands dokumentiert hat. Viele Ostdeutsche fühlen sich "nicht wertgeschätzt von den Westdeutschen für ihre Lebensleistung". Seit 2015 sei das Ostdeutsche "wieder wichtiger" geworden, auch wegen "der Flüchtlingskrise, Pegida und den Wahlen". Manche fühlten sich inzwischen "als Bürger dritter Klasse". Er kritisiert den Westen: "Viele Westdeutsche haben immer gedacht, sie wären die besseren Menschen." In seinen Fotos hält er fest, "was für mich interessant ist. Und ich werte nicht." Er will zeigen: "Wir sind kein Anhängsel des Westens, wir sind selber wer." Und warnt: "Der Graben zwischen Ost und West wird tiefer." Sein Ziel: "Dass der Westen in den Bildern erkennt, warum der Osten wählt, wie er wählt."

Museen

Felicia Okçu sieht in der "Welt am Sonntag" in der von Chanel gesponserten Klára-Hosnedlová-Schau im Hamburger Bahnhof Berlin ein Symptom wachsender Sparzwänge: Öffentliche Häuser müssten sich private Geldgeber suchen, weil die Kulturpolitik Kürzungen diktiere. Sie berichtet, das Berliner Museum könne die aufwendige Installation nur dank der Förderung durch den Chanel Culture Fund zeigen. Okçu verweist kritisch auf die prominente Nennung des Sponsors im Ausstellungstitel, ungewöhnlich für ein staatliches Haus. Zwar betonen Museumsleitung und Chanel, es gebe keine inhaltlichen Vorgaben, doch die Autorin deutet an, dass solche Kooperationen künftig notwendiger werden könnten – als Blaupause für öffentlich-private Partnerschaften, die künstlerische Freiheit sichern sollen, aber die Abhängigkeit von Luxuskonzernen verstärken.

Kunstmarkt

Nach der Art Basel reiste die internationale Kunstkarawane nach Hydra weiter. In der "FAS" beschreibt Jonathan Guggenberger die Insel als Schauplatz widersprüchlicher Interessen. Zwar wirbt Sammler Dakis Joannou mit einem "Gemeinschaftsgefühl" und betont, es gehe ihm nur um Kunst, nicht ums Investment, doch Guggenberger sieht dahinter Kalkül: Joannou ziehe Händler und Galeristen mit Aussicht auf Deals an. Galeristin Julia Gardener sagt, auf Hydra würden Verkäufe aus Basel abgeschlossen, weil die Stimmung locker und Käufer unachtsamer seien. Kurator Dimitrios Antonitsis warnt vor dem "Basel-Tsunami", der die Boheme verdränge, und beharrt, Kunst solle das Wahre und Schöne suchen.
 
Kulturerbe

John Branch und Jeremy White beleuchten in der "New York Times" Donald Trumps Wunsch, sein Gesicht auf Mount Rushmore zu sehen. Schon während seiner ersten Amtszeit habe er Kristi Noem gegenüber erklärt, dies sei sein "Traum". Inzwischen liege sogar ein Gesetzentwurf vor. Innenminister Doug Burgum meinte dazu: "Sie haben definitiv Platz." Doch die Nationalparkverwaltung widerspricht: Das Monument sei ein abgeschlossenes Kunstwerk ohne Platz für neue Gesichter. Geomechaniker Paul Nelson erklärte, weitere Schnitzarbeiten könnten bestehende Risse aktivieren und sogar Lincolns Nase gefährden. Für Dan Wenk, früherer Superintendent, wäre eine Ergänzung so unpassend wie "eine neue Figur in da Vincis Abendmahl" zu setzen.

Malerei

Elke Heidenreich würdigt in einem "SZ"-Gastbeitrag den Maler Michael Sowa anlässlich seines 80. Geburtstags als unvergleichlichen Künstler, der mit schrägen, traumähnlichen Bildern Geschichten und Romane im Kopf der Betrachter auslöse. Sie beschreibt ihn überschwänglich als stillen, schüchternen Mann, der "Wahnsinnsfantasien" in die Welt schickt: "Ach Sowa, was habe ich Dir nicht an Glück und Erfolg zu verdanken! Du Maler zerbrechlicher Idyllen, Du Maler grässlicher Illusionen, Du Maler fataler Schrecken, Maler leerer Räume, verlorener Menschen, immer ist alles dunkelgrün und drohend, Du Philosoph, der erkannt hat, dass das alles keinen Sinn macht, Du Metaphysiker, der im dunklen Raum die schwarze Katze sieht, die gar nicht da ist! Du Humorist!" Sowa zeige drastisch, wie "furchtbar Einladungen" oder "trostlos Gespräche" sein könnten, und halte uns dabei einen Spiegel vor: Letztlich seien wir alle verloren, lebten aber nur, weil wir das nicht wüssten.

Nachruf

Bei einem israelischen Luftangriff auf das beliebte Al-Baqa-Café in Gaza wurden am Montag mindestens 30 Menschen getötet, darunter die Künstlerin Amna Al-Salmi ("Frans") und der Fotograf Ismail Abu Hatab. Wie "The Art Newspaper" berichtet, war das Café Treffpunkt für Künstler, Journalisten und Aktivisten. Al-Salmi, 36, arbeitete in Malerei, Skulptur und Kunstvermittlung für Kinder, trotz zahlreicher persönlicher Schicksalsschläge. Abu Hatab, 32, dokumentierte das Leben in Gaza auch nach einer schweren Kriegsverletzung und stellte international aus. Beide galten als wichtige Stimmen der palästinensischen Kunstszene, die mit ihren Werken Hoffnung und Würde unter Belagerung zeigen wollten.