Medienschau

"Druck ist für mich ein Privileg"

artikelbild_monopol-medienschau

Neues Museum auf Naoshima-Insel eröffnet, Interviews mit Hito Steyerl, Klaus Biesenbach und Trajal Harrell: Das ist unsere Presseschau am Montag

Debatte 

In einem Interview mit Stefan Koldehoff für den Deutschlandfunk spricht die Künstlerin und Autorin Hito Steyerl über aktuellen Herausforderungen der Gegenwartskunst. Sie beschreibt Kunstfreiheit als ein weites Spektrum, das auch in Deutschland durch politische Einflussnahme, Finanzierungsprobleme und gesellschaftlichen Druck zunehmend eingeschränkt wird. Steyerl verweist auf internationale Beispiele – etwa in Polen oder Slowenien –, wo konservative Kräfte gegen vermeintlich "entartete Kunst" mobilisieren. Auch in Deutschland sei der Kulturkampf spürbar, etwa durch die AfD. Darüber hinaus warnt Steyerl vor den Folgen der Automatisierung durch KI, die nicht nur die Produktion, sondern auch die Wahrnehmung von Kunst grundlegend verändere. Darum geht es auch in Steyerls neuem Essayband "Medium Hot", den Terry Nguyen in "ArtReview" rezensiert. Nguyen hebt hervor, wie Steyerl die "artificial stupidity" der AI aufzeigt und die komplexen ethischen Fragen der digitalen Bildwelt reflektiert.

Auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, als Buchautor selbst Kulturkämpfer, zeigt sich besorgt über die wachsenden Gefahren für die Freiheit von Wissenschaft und Kunst durch einen "globalen Kulturkampf", wie Deutschlandradio Kultur meldet. In einer Rede vor dem Orden Pour le mérite betonte er, dass besonders neonationalistische Diktaturen wie China und Russland als Beispiele für diese Entwicklung gelten. Doch auch im Westen seien zunehmend nationalistische Tendenzen mit repressiven Zügen zu beobachten, insbesondere in den USA. 

Museen

Nikolaus Bernau äußert sich in der "taz" skeptisch über die Zukunft der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) unter der neuen Präsidentin Marion Ackermann. Zwar sei der Start ihrer Amtszeit von einem "heiteren Fest" begleitet worden, doch Bernau betont, dass die Herausforderungen immens seien. Die versprochenen zwölf Millionen Euro Mehrmittel seien angesichts der maroden Infrastruktur und ausstehenden Sanierungen "geradezu lächerlich". Er verweist auf ein strukturelles Finanzierungsproblem und zitiert die Vision Ackermanns, mehr private Mittel einzuwerben, hält das aber für unrealistisch, da "in Deutschland an so ziemlich allen Voraussetzungen" dafür fehle. Die Stiftung bleibe ein - kein Text über die SPK ohne Vergleiche aus dem maritimen Bereich - "schweres Kulturschiff". Timo Feldhaus feiert in der "Berliner Zeitung" den Amtswechsel bei der Preußenstiftung: Er lobt Ackermann als "sehr gute Nachfolgerin", die durch ihre Arbeit in Dresden Erfahrung mit Rückgabe von NS-Raubkunst und Provenienzforschung mitbringt – zentrale Themen der heutigen Kulturpolitik. 

Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, zeigt sich im "Spiegel" enttäuscht vom Eklat bei der Eröffnung der Nan-Goldin-Ausstellung. Die Künstlerin hatte Deutschland eine Mitschuld am "Genozid in Gaza" vorgeworfen. Biesenbach sagt: "Ich hätte nie gedacht, dass Nan so kalt ist." Er selbst sei nicht nur als Repräsentant einer deutschen Institution betroffen gewesen, sondern auch "als ein Mensch, der mit 19 in einen Kibbuz gezogen ist und inzwischen auch eine andere Staatsangehörigkeit angenommen hat, weil ich es wegen der Naziverbrechen nicht ausgehalten habe, nur deutsch zu sein". Biesenbach, der am New Yorker MoMA und als MOCA-Direktor in Los Angeles arbeitete, hat auch einen US-Pass. Trotz der Provokation hielt er an der Goldin-Ausstellung fest – aus Überzeugung: "Es geht um Meinungsfreiheit." Seine eigene Rede habe sich "wie ein Akt der Selbstbehauptung" angefühlt. Die Situation habe ihn letztlich stärker an das Haus gebunden. Eine längere Zusammenfassung des Gesprächs finden Sie hier

In der "New York Times" berichtet Ted Loos über die Eröffnung des Naoshima New Museum of Art – das zehnte Museum des Benesse Art Site auf der japanischen Insel Naoshima. Es wurde von Tadao Ando entworfen und widmet sich ausschließlich zeitgenössischer asiatischer Kunst. Die Eröffnungsausstellung zeigt unter anderem Werke von Takashi Murakami, Do Ho Suh und Cai Guo-Qiang. Letzterer lobt das Projekt als Beispiel dafür, wie "Natur und Kultur verschmelzen". Finanziert wurde das Museum vom japanischen Milliardär Soichiro Fukutake, der laut Loos erklärte, dies sei das "letzte Projekt, das ich von Anfang bis Ende begleite". Ziel sei es gewesen, einen Ort zu schaffen, an dem Menschen durch Kunst Glück finden könnten. Auch Simon Richmond hebt in der BBC Naoshimas Wandel hervor. Kunst habe laut Kuratorin Eriko Ōsaka geholfen, das Image der Insel grundlegend zu verändern. Für Bürgermeister Shinichi Kobayashi zählt dabei vor allem, "dass die Menschen wieder fröhlich leben können".

Melissa Gronlund berichtet in "The Art Newspaper", dass das British Museum in London intern und extern wegen einer privaten Veranstaltung zum israelischen Unabhängigkeitstag am 16. Mai auf Kritik gestoßen sei. Das Event, organisiert von der israelischen Botschaft, fand während einer der tödlichsten Wochen des Konflikts zwischen Israel und Hamas statt und löste bei vielen Mitarbeitenden Empörung aus. Trotz eines internen Petitionsaufrufs, der vom Direktor und Vorstand des Museums verlangt, die Zusammenarbeit mit israelischen Kulturinstitutionen zu beenden, betonte das Museum, dass die Entscheidung im Einklang mit der britischen Regierung getroffen wurde und unpolitisch sei.

Performance

Der US-Choreograf und Tänzer Trajal Harrell, bekannt für seine innovative Verbindung von postmodernem Tanz und der Voguing-Kultur, spricht im "FAS"-Interview mit Wiebke Hüster über seine künstlerischen Einflüsse und seine Arbeiten, die häufig in Museen wie dem Museum Ludwig, MoMA PS1 oder dem Palais de Tokyo gezeigt werden. Harrell, der von 2019 bis 2024 am Schauspielhaus Zürich engagiert war, erklärt, dass er Modenschauen als postmodernen Tanz wahrgenommen habe und daraus seinen eigenen Stil entwickelte: "Da ist das Gehen, das Laufen auf dem Laufsteg, da ist die kulturelle Repräsentation, da ist Feminismus". Der Künstler betont die Bedeutung der Anpassung seiner Stücke an unterschiedliche Raumformate, was "ein anderes Verhältnis zum Publikum herstellt". Zudem reflektiert er seine Zukunft als Tänzer: "Druck ist für mich ein Privileg".