Medienschau

"Der Lack ist ab in Köln"

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Der Niedergang der Kulturstadt Köln, Juergen Teller über seine Auschwitz-Bilder und die Wiener Kunstszene unter Druck: Das ist unsere Presseschau am Montag

Museen

In einem ausführlichen "Spiegel"-Interview spricht Laurence des Cars, Direktorin des Louvre, mit Britta Sandberg über ihre Pläne zur umfassenden Erneuerung des Pariser Museums. Mit einem staatlich geförderten Sanierungsprogramm in Höhe von 800 Millionen Euro soll der Louvre technisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Es geht um bröckelnden Putz, veraltete Klimaanlagen und undichte Dächer, Probleme, die laut des Cars bereits bei Amtsantritt sichtbar waren: "Ich wusste schon, als ich meinen Posten antrat, dass das Gebäude technische Probleme hat. Die Mängel waren offensichtlich." Der Louvre, eines der meistbesuchten Museen der Welt, soll durch neue Eingänge, zusätzliche Ausstellungsräume und eine Neuinszenierung der "Mona Lisa" entlastet werden. Als erste Frau an der Spitze des Hauses seit seiner Gründung 1793 sieht sich des Cars nicht vorrangig als Symbolfigur. Sie halte nichts von der Vorstellung, dass Frauen grundsätzlich anders führen: "Sie sind nicht unbedingt eine bessere Führungskraft, weil Sie eine Frau sind." Trotzdem sei sie sich der Vorbildfunktion bewusst und setzt in ihrer Personalpolitik stark auf Kompetenz – unabhängig vom Geschlecht. 

Fotografie

Juergen Tellers Ausstellung "Auschwitz-Birkenau" zeigt über 800 iPhone-Fotografien des Konzentrationslagers und ist ein radikaler Bruch mit der Ästhetik seines bisherigen Werks. Im Interview vom Timo Feldhaus für die "Berliner Zeitung" beschreibt der deutsche Fotograf die Herausforderung, sich dem Ort fotografisch zu nähern: "Ich war nervös. […] Was kann ich noch dazutun?" Doch sobald er das Gelände betrat, folgte er nur noch seinem Instinkt: "Ich habe einfach angefangen zu fotografieren, was ich sehe, was man fühlt." Für ihn war es eine zutiefst persönliche, aber auch intuitive Arbeit, bei der das Bedürfnis, die Spuren des Grauens sichtbar zu machen, im Vordergrund stand. Besonders eindrücklich war für ihn eine Ausstellung von Kinderzeichnungen aus der NS-Zeit – "dann bist du echt mit den Nerven fertig." Teller, bekannt für seine direkten Porträts und Modefotografie, wurde durch die Tage in Auschwitz tief bewegt und sieht seine Arbeit als ernsthaften, sensiblen Beitrag zur Erinnerungskultur. Kritik, ob ein Modefotograf diesen Ort abbilden dürfe, weist er zurück: "Ich frage mich nur, ob mein moralischer Kompass da mitmacht." In Gesprächen mit seiner Frau, dem Verleger Gerhard Steidl und Auschwitz-Überlebenden fand er Rückhalt. Die Erfahrung habe ihn verändert – nicht nur als Künstler, sondern auch als Menschen mit einer deutschen Familiengeschichte. "Ich glaube an die Menschheit", sagt Teller, "und wenn ich etwas mache, dann richtig." Seine Haltung zum Holocaust ist klar: Jeder sollte Auschwitz besuchen, um sich mit der Realität auseinanderzusetzen.

Kulturpolitik

"Der Lack ist ab in Köln", stellt Boris Pofalla in der "Welt" fest. Den einstigen Leuchtturm der deutschen Kulturszene sieht er heute als ein Symbol für den Zerfall der kulturellen Infrastruktur im ganzen Land. Viele bedeutende Einrichtungen – wie das Römisch-Germanische Museum oder die Oper am Offenbachplatz – sind geschlossen, baufällig oder im Dauersanierungszustand. Der versprochene "Neustart für die Bühnen" blieb aus, Festivals wie "Acht Brücken" verlieren ihre Förderung, Bibliotheken wie die KMB kämpfen ums Überleben. Deutschlands berühmtester Künstler Gerhard Richter nennt sie eine "unerschöpfliche Wissens- und Inspirationsquelle", doch sie bleibt ohne feste Bleibe. Die geplante Sanierung der Oper verschlang bereits das Dreifache der ursprünglich kalkulierten Kosten. Die finanzielle Notlage Kölns sei kein Einzelfall, sondern Teil eines bundesweiten Trends: Gemeinden stemmen ein Viertel aller Aufgaben, erhalten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Kulturdezernent Stefan Charles sieht dennoch Licht am Horizont und betont: "Die Stadt steht auch in harten Zeiten hinter ihrer Kultur." Doch ob dieses Bekenntnis Bestand hat, bleibt fraglich. Der Kölner Kulturrat warnt: "Viele kulturelle Einrichtungen sind schwer beschädigt worden, weil sie seit Jahresbeginn nicht wussten, wie sie sich finanzieren sollen." Hoffnung ruht nun auf dem Sondervermögen Infrastruktur von 500 Milliarden Euro – ob es die Wende bringt, ist offen.

Auch die Kunstszene in Wien steht unter Druck: Viele Offspaces und Projekträume kämpfen mit finanzieller Unsicherheit und drohenden Förderkürzungen, berichtet Katharina Rustler in einer "Standard"-Reportage. Obwohl Wien im Vergleich zu anderen europäischen Städten wie Berlin noch vergleichsweise günstige Ateliermieten böte, fehle es an langfristiger Planungssicherheit und stabiler Finanzierung. Künstlerinnen wie Nana Mandl sprechen offen über Selbstausbeutung: "Wenn wir sagen, dass es finanziell ein gutes Jahr war, liegen wir eigentlich gerade mal über der Armutsgrenze." Trotzdem entstehen auch neue Projekte: Die junge Galeristin Roberta Keil eröffnete im März ihre eigene Galerie – mit vollem Bewusstsein für das finanzielle Risiko. "Aber wenn nicht wir Jungen etwas wagen, wer soll es sonst tun?", fragt sie selbstbewusst. Zwischennutzungen wie im alten ORF-Funkhaus oder der Semmelweisklinik haben sich zwar professionalisiert, bieten aber keine langfristige Perspektive. 

Kunstkritik

"The Art Newspaper" hat eine neue Chefredaktion: Julia Michalska wird Chefredakteurin, während Benjamin Sutton die Position des Chefredakteurs für Amerika übernimmt, meldet "Artforum". Die Ernennungen erfolgen im Zuge einer geplanten internationalen Expansion des mittlerweile zum Hongkonger Finanzkonzern AMTD Group gehörenden Medienunternehmens, das künftig verstärkt in Märkten wie China, Singapur, Los Angeles oder Mexiko-Stadt präsent sein will. Michalska ist seit 18 Jahren bei "The Art Newspaper" tätig und spielte laut "Artforum" eine zentrale Rolle in der digitalen Transformation des Mediums. Sutton, der zuvor unter anderem bei "Artnet News" und "Hyperallergic" arbeitete, hat das Amerika-Geschäft des Blatts maßgeblich ausgebaut und wird künftig die redaktionelle Leitung für Nord- und Südamerika übernehmen. Beide gehören dem neuen globalen Redaktionsteam an, das die inhaltliche Qualität und Ausrichtung der internationalen Berichterstattung steuern soll.

Das besondere Kunstwerk

In Los Angeles können Menschen an öffentlichen Telefonzellen anonym Abschiedsnachrichten hinterlassen – an geliebte Verstorbene, frühere Versionen ihrer selbst oder an vergessene Teile ihres Lebens. Initiiert wurde das Kunstprojekt "The Goodbye Line" von dem Filmemacher Adam Trunell und seiner Partnerin Alexis Wood, die an noch funktionierenden Telefonzellen Sticker mit der Aufforderung anbringen: "Sag Lebewohl – bevor es zu spät ist." Die Reaktionen sind überraschend ehrlich und emotional: "Ich habe nicht erwartet, dass mich das so treffen würde", sagt Wood in der "Los Angeles Times" über eine Nachricht, in der sich ein junger Mann von seiner Familie verabschiedet: "Ich hoffe, ihr schafft es in den Himmel. Es tut mir leid, dass ich es nicht geschafft habe." Die Anrufe, von kurzen Momenten der Nostalgie bis zu tiefen Trauererfahrungen, werden – sofern nicht anders gewünscht – bearbeitet und auf Social Media geteilt.  Auch wenn das Vorhaben ohne persönlichen Traueranlass entstand, zeigten die vielen eingegangenen Nachrichten, wie sehr Menschen ein Ventil für unausgesprochene Gefühle brauchen, so das Paar.