Medienschau

"Ein politisches Kunstwerk, dass ausgerechnet Holzinger entsendet wird"

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Reaktionen auf die Biennale-Berufung der Florentina Holzinger, weniger Vielfalt im Kunstjournalismus und eine Galerie-Insolvenz als Krimi: Das ist unsere Medienschau am Freitag
 

Venedig-Biennale

"Österreich ist noch nicht ganz verloren", kommentiert Ulrich Seidler in der "Berliner Zeitung". Allerdings bezieht sich das unglücklicherweise nicht auf die wohl bevorstehende Regierung unter Führung der FPÖ, sondern auf die Entscheidung, der feministischen Extrem-Choreografin Florentina Holzinger den Pavillon des Landes bei der Venedig-Biennale 2026 anzuvertrauen. "Das nationale Konzept der Biennale, bei der Künstler Länder vor internationalem Publikum repräsentieren wie in einem Wettbewerb, schien einmal aus der Zeit gefallen zu sein, erfährt nun aber immer mehr politische Aufladung. So ist es für sich genommen schon ein politisches Kunstwerk, dass, ein paar Tage nachdem der österreichische Präsident den rechtsextremen FPÖ-Politiker Kickl mit der Regierungsbildung beauftragt hat, ausgerechnet Holzinger entsendet wird. Das könnte ein symbolischer Akt der Ehrenrettung eines Landes sein, in dem es, wie der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz durchaus provokativ kommentierte, 'erst mal Scheiße regnen' wird." Die österreichische Zeitung "Die Presse" zitiert den scheidenden grünen Kulturminister Werner Kogler. Wenn die neue Regierung versuchen sollte, die Personalie zu verhindern, werde es "Rambazamba" geben. Auch Holzinger kündigte an: "Ich werde nicht den Schwanz einziehen." 


Kunstmarkt

"Die Pleite der Münchener Galerie Thomas entwickelt sich zunehmend zum Krimi", schreibt Stefan Kobel im "Handelsblatt". Das Unternehmen hatte im Sommer Insolvenz angemeldet, nun gebe es ein Ermittlungsverfahren "wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung sowie des Betrugs und der Untreue in einer Vielzahl von Fällen". Außerdem verlangten Einlieferer Kunstwerke zurück, Sammler warteten auf ihr Geld. Zum gesamten Ausmaß der Pleite zum derzeit unbekannten Aufenthaltsort von Galerist Raimund Thomas dürfte es laut Kobel noch einige Spekulationen geben, bevor möglicherweise Anklage erhoben werde, schreibt Kobel. "Doch schon jetzt dürfte klar sein, dass es sich beim Untergang der Galerie Thomas finanziell um den zweitgrößten Unternehmenszusammenbruch in der Kunstbranche der Bundesrepublik handelt. Im Fall des 2017 in Insolvenz gegangenen Online-Auktionshauses [Auctionata] wurde jedoch vor allem Risikokapital von Investoren vernichtet, nicht das Vermögen von Sammlern geschädigt."


Kunstjournalismus

Apropos "Handelsblatt": Die deutsche Berichterstattung über den Kunsthandel verliert an Vielstimmigkeit: So kommentiert Ursula Scheer in der "FAZ", dass das "Handelsblatt" seine Kunstmarktberichterstattung auslagert. "Die Kunstmarktseiten im 'Handelsblatt' werden nicht mehr von der Tageszeitung selbst produziert, sondern vom ZEIT Weltkunst Verlag. Dieser gehört wie die Handelsblatt Media Group zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Die Kunsthistorikerin Susanne Schreiber, von 2004 an Leiterin der Kunstmarktredaktion im 'Handelsblatt', geht in den Ruhestand."


Kunstfreiheit

Vor zehn Jahren stürmten zwei islamistische Attentäter die Redaktionsräume der Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" und erschossen zwölf Menschen. An das Attentat erinnert jetzt die Ausstellung "Künstlerische Intervention - Die Freiheit der Kunst - Zehn Jahre nach 'Je suis Charlie'" im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover, zu der zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler Cartoons, Karikaturen und Eindrücke zum Terroranschlag und zum Thema Kunstfreiheit beigesteuert haben. "Herausgekommen ist dabei eine wilde Mischung aus Beiträgen unterschiedlichster Spiel- und Tonarten", schreibt Nadine Conti in der "Taz". "Da sind die klugen, nachdenklichen Beiträge einer Ruth Hebler, die etwa mit ihrem 'Karikaturmeter' dazu einlädt, sich zu überlegen, wo man sich selbst auf dem Spektrum der Meinungsfreiheit bewegt – zwischen harmlosem Katzencontent und zensiertem Propheten." Andere Beiträge hingegen seien "ein bisschen plump oder schlicht weit weg vom Thema: Brösel schickt irgendwas mit Heiligen Drei Königen, Bettina Bexte zeigt bewaffnete Grundschüler in Texas und Nadja Menze stellt eine Kopftuchträgerin, die einen 'emanzipierten Islam' beansprucht, neben einen Wähler, der das AfD-Logo für ein Symbol von 'humanem Rassismus' hält. Aber so war und ist ja auch 'Charlie Hebdo': manchmal plump, manchmal vulgär, immer streitbar." 

Ausstellung

Jörg Restorff hat sich für die "NZZ" die Yoko-Ono-Ausstellung "Music of the Mind" in der Düsseldorfer Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen angeschaut – und kommt zu dem nicht ganz so originellen Ergebnis, dass Onos Werk gespickt sei "mit weltanschaulichen Identifikationsangeboten für unverbesserliche Träumer." Die "vordergründigen Rezepte zur Lösung der drängendsten Menschheitsprobleme, denen man in der Düsseldorfer Schau mehrfach begegnet", hinterließen "einen schalen Beigeschmack." Dabei bewiesen gerade die frühen Fluxus-Aktionen Onos, dass "ihr Ideenreichtum sich hinter ihrem Idealismus nicht zu verstecken braucht."


Film

Beliebt sein wollen als Antrieb für Kreative ist nach Ansicht von Filmstar John Malkovich ein großer Fehler. Solche Leute verstünden "etwas ganz Grundlegendes nicht", sagte der 71-Jährige dem Magazin "Der Spiegel". "Jeder, der berühmt ist und von vielen gemocht wird, wird von genauso vielen Menschen gehasst. Irgendjemand findet dich immer grauenhaft. Das ist eine Tatsache, und ich glaube, das ist ganz gut so. Wer denkt, dass er von allen geliebt wird, leidet unter Wahnvorstellungen." Auf die Frage, mit wem er in seiner langen Karriere am liebsten gespielt habe, sagte Malkovich. "Mir fällt kaum jemand ein, mit dem ich keinen Spaß hatte. Ich habe sehr gern mit Willem Dafoe bei 'Shadow of the Vampire' gearbeitet." Außerdem sei es auch mit Brad Pitt und George Clooney bei "Burn After Reading - Wer verbrennt sich hier die Finger?" lustig gewesen. "Brad Pitt ist witzig, ein richtig guter Komödiant, das sollte er öfter machen." Schließlich fällt dem in Boston lebenden Amerikaner noch die Zusammenarbeit mit Deutschen ein. "Als ich mit Volker Schlöndorff 'Der Unhold' gedreht habe, einen Film über einen Außenseiter im Dritten Reich, hat Volker Spengler Hermann Göring gespielt. Der Mann war unglaublich komisch, er hat mich am laufenden Band zum Prusten gebracht." Der mit der Hauptrolle im Fassbinder-Film "In einem Jahr mit 13 Monden" bekanntgewordene Spengler starb vor fünf Jahren mit 80 Jahren.