VIP Art Fair 2.0

Mehr Raum für die Kunst

Vor einem Jahr wurde die weltweit erste Online-Kunstmesse von den New Yorker Galeristen James und Jane Cohan ins Leben gerufen: Auf der VIP Art Fair können Sammler sich von zu Hause durch die virtuellen Messekojen der Galerien klicken. Die zweite Ausgabe, die am Mittwoch um Mitternacht New Yorker Zeit nach sechs Tagen zuende geht, konnte sich nicht nur über einen Zuwachs von 35 Galerien freuen, sondern auch über eine Investition von einer Million Dollar durch die Kunstsammler Selmo Nissenbaum und Philip Keir.

Auch für die Galeristen ist die VIP Art Fair 2.0 insgesamt ein Erfolg. Während man im vergangenen Jahr noch mit technischen Problemen zu kämpfen hatte, „läuft die Chatfunktion in diesem Jahr perfekt und die technische Unterstützung ist ausgezeichnet“, so berichtet der Berliner Galerist Thomas Schulte. Im Chatroom kann der User den direkten Kontakt zu den Galerien herstellen. Auch  Christine König lobt die gute Aufbereitung der Messe und kann den Verkauf einer Arbeit Jimmie Durhams für ihre Wiener Galerie verbuchen. Die Galerie Eigen+Art ist stolz darauf, dass David Schnells Arbeit „Metrum“ von Anfang an unter den Werken stand, die am häufigsten reserviert wurden. Mitarbeiterin Leonie Pfennig schätzt vor allem, dass „die VIP Art Fair im Vergleich zu anderen Messen mehr Raum bietet, um Kunstwerke und Künstler präsentieren zu können.“

Angebotskataloge, die einen effizienten Verkauf ermöglichen
Der Besucher kann sich eine Tour mit Lieblingswerken zusammenstellen – und diese twittern, mailen oder auf Facebook teilen. Um das Verhältnis von Körper zu Kunstwerk zu simulieren, lässt sich die Silhouette eines imaginären Betrachters einblenden. Hier werden zwar Maßstäbe deutlich, jedoch verlangt die grafische Darstellung dem Besucher einiges an Fantasie ab, sucht er hierbei tatsächlich nach kontemplativer Kunsterfahrung. Aber darum geht es wohl nicht. Vielmehr steht die VIP Art Fair im Zeichen wohlgeordneter Angebotskataloge, die einen effizienten Verkauf ermöglichen.

Auch die sogenannten „Insider Touren“ individualisieren den Besuch: Kuratoren und Sammler haben Routen zu ausgewählten Themen zusammengestellt. Dabei ist die Auswahl häufig mit kurzen persönlichen Kommentaren versehen – die zeigen, dass auch sie den direkten Kontakt mit dem Werk vermissen. So kommentiert Pedro Veléz die Arbeit  "Gargantua" von Tiago Carneiro da Cunha mit den Worten: „Ich glaube ich mag dieses Werk, aber ich wünschte, ich hätte eine 360-Grad-Ansicht davon.“  Man Bartlett wählt unter dem Titel „Man Picks“ die Arbeit „Accidental Location / Perfect Registration“ von Ryan Gander aus und stellt fest: „Kunstglas bedeutet, dass ich wirklich durchboxen könnte. Wenn dies nicht das Internet wäre.“

Wer sich weiter inhaltlich mit den Werken beschäftigen möchte, kann dies in der Rubrik „Discussions“ tun. Künstler werden in kurzen Videobeiträgen porträtiert und zu den Konzepten ihrer Arbeiten interviewt.

24-Stunden Live-Performance von Terence Koh
Ein echter Höhepunkt der Messe aber war die von der Galerie Thaddaeus Ropac präsentierte 24-Stunden-Live-Performance des New Yorker Künstlers Terence Koh. Er bat Freunde und Kollegen, seine Anweisungen vor laufender Kamera umzusetzen. Für den Messebesucher bot sich auf dem Bildschirm eine Reise durch die Welt, die mit dem Künstler selbst in New York begann. In einstündigen Kapiteln konnte man bei Spaziergängen durch das nächtliche Schardscha dabei sein, eine skurille Darbeitung fliegender Kuschletiere in Sao Paulo, in Brasilien erleben oder zwei als Bunnys verkleideten Spaniern in Madrid bei Sekt und Tanz zusehen.

Die teuersten Werke liegen in diesem Jahr bei Preisen um eine Millionen Dollar. Die Stephen Friedman Gallery etwa bietet für diesen Preis Tom Friedmans „Circle Dance“ zum Kauf, die Galerie Lelong zeigt Sean Scully “Return” (800.000 Dollar), David Zwirner hat Luc Tuymans “Eyes” (eine Million Dollar) und Neo Rauchs “Die Jägerin” (900.000 Dollar) im Programm. Van de Weghe verkauft Alexander Calder “Untitled” und Richard Prince „Anyone can find me“ (beide für 1,3 Millionen Dollar).

Natalie Gaida von der Kölner Galerie Thomas Zander, die auf Fotografie spezialisiert ist, empfindet den Verlauf allerdings als eher zäh. Zwar ist ihr Stand laut Statistik „gut besucht“ und es gibt bereits Reservierungen auf einzelne Werke, aber „das Internet ist nach wie vor ein schwieriges Medium für unser Segment“, so Gaida. Auch die Mailänder Galeristin Raffaela Cortese äußert Zweifel: „Die Idee, eine persönliche Tour erstellen zu können, ist sympathisch, aber die Fantasie des Besuchers wird dadurch nicht stimuliert. Ich glaube immer noch sehr stark an das Treffen von Sammler und Kunstwerk.“

VIP Art Fair, bis 8. Februar um 23.59 Uhr New Yorker Zeit. Teilnahme nach Anmeldung