Michael Landy

"In meiner Mülltonne gibt es keine Hierarchie"

Der 46-jährige Michael Landy hat in der South London Gallery einen riesigen Müllcontainer installiert, in den Künstler unliebsame Arbeiten schmeißen können. 

 

Herr Landy, welche Künstler haben Ihr Entsorgungsangebot bislang wahrgenommen?

Das sind so viele, dass ich etwas den Überblick verloren habe. Tracey Emin, Julian Opie, Gary Hume, Gillian Wearing und Peter Blake haben Arbeiten eingeliefert. Damien Hirst hat drei Totenkopfgemälde geschickt – wobei ich sagen muss, dass die nicht einmal zu seinen schlechtesten Bildern zählen. Aber es sind auch viele unbekanntere Künstler dabei. Sobald mein Projekt bekannt wurde, habe ich Angebote aus allen möglichen Ländern, von allen möglichen Leuten bekommen. Mir wurde klar, dass ich zum Kurator einer Mülltonne wurde.

 

Sie haben bereits 2001 in der aufsehenerregenden Aktion „Break Down“ all Ihre Besitztümer in einem Geschäft an der Londoner Oxford Street vernichtet – Konsumkritik oder konzeptuelle Geste?
Es gibt eine lange historische Verbindung zwischen Kunst und Zerstörung. Denken Sie an Gustav Metzgers „Auto-Destructive Art“, an Jean Tinguely, der mit „Hommage to New York“ eine sich selbst zerstörende Skulptur entwarf, an Robert Rauschenberg, der de Kooning ausradierte, oder an John Baldessari, der sein eigenes Werk zerstörte. Ein anderer Aspekt war, dass mein Studio an die Ateliers von vielen anderen Künstler angrenzt und ich dachte, dass die meisten von ihnen, wie die Mehrzahl der Künstler generell, nie groß rauskommen werden. Ist das so, weil sie nicht gut sind? Und machen, andersherum, anerkannte Künstler nicht auch viel Mist? Die Kunstwelt dreht sich um vermeintlich objektive Kriterien, ständig wird eine Auswahl getroffen: Wer kriegt eine Show, wer kriegt keine? In meiner Mülltonne gibt es keine Hierarchie – alles darin ist das Gleiche.

 

Wird am Ende denn irgendetwas von Ihrer „Art Bin“ übrig bleiben?
Nein. Künstler können sechs Wochen lang ihre Werke einliefern, Besucher können sich das sechs Wochen lang anschauen. Die Tonne ist zehn mal 15 Meter groß und gut vier Meter hoch, da passt also einiges rein. Ich habe einen Freund beauftragt, die Aktion zu filmen – aber am Ende wird alles restlos vernichtet, auch die Mülltonne selbst. Meine „Art Bin“ ist vielleicht so etwas wie ein Denkmal für kreatives Scheitern. Ein flüchtiges Monument.

 

South London Gallery, bis 14. März, www.southlondongallery.org

Anmeldungen für die Entsorgung eigener Kunst unter www.art-bin.co.uk

 

 

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courtesy South London Gallery, Foto: Naomi Pearce