Hamburg

Künstler Tom Sachs verwandelt Deichtorhallen in Space-Landschaften

Skulpturen aus Sperrholz, Pappe und Heißkleber: Liebevoll haben der Künstler Tom Sachs und sein Team die Welt der Raumfahrt nachgebaut. Damit wollen sie auch auf die Umweltzerstörung aufmerksam machen

Begrüßt werden die Besucherinnen und Besucher im "Welcome Center": Hier steht der Weltraumanzug von Mary, einer der beiden Astronautinnen, die zum Asteroiden Vesta fliegen werden. Daneben die US-Flagge, die stark jener Flagge ähnelt, die die amerikanischen Astronauten bei ihrer Landung auf dem Mond 1969 aufstellten. In einem umgebauten Wohnmobil befindet sich die mobile Quarantäneeinrichtung, die die Erde und Vesta vor einer möglichen Übertragung fremder Mikroben in ihre jeweilige Atmosphäre schützen soll: Der amerikanische Künstler Tom Sachs (55) hat zusammen mit seinem zehnköpfigen Team die Hamburger Deichtorhallen in eine interaktive Space-Landschaft verwandelt.

Es ist bereits die vierte künstlerische Weltraum-Mission des New Yorkers: 2007 ging es zum Mond (Gagosian Gallery, Los Angeles), 2012 zum Mars (Park Avenue Armory, New York) und 2016 zum Jupitermond Europa (Yerba Buena Center for the Arts, San Francisco). Diesmal soll die Reise zum Asteroiden Vesta gehen. "Unser Ziel ist es, die mineralischen Seltenen Erden des Protoplaneten abzubauen und somit den unbändigen Hunger der Menschen nach Technologie zu stillen", sagte Sachs am Freitag in Hamburg. Seltene Erden werden vor allem für Mobiltelefone gebraucht.

Aus Sperrholz, Pappe und Heißkleber haben Sachs und sein Team Mix-Media-Skulpturen geschaffen, die täuschend echt aussehen - sogar die NASA soll begeistert sein. Zu sehen sind auf 3000 Quadratmetern bis zum 10. April eine akribisch nachgebaute Landefähre, mit der die Astronauten auf dem Mond gelandet sind, ein Raumfahrtkontrollzentrum und ein Landefahrzeug. Dazu wird es am Samstag (18. September) eine 12-stündige Live-Performance geben, bei der Künstlerinnen als Astronautinnen zum Asteroiden "fliegen" und Gesteinsproben nehmen.

"Wir müssen uns von unserer Smartphone-Sucht befreien"

In einigen Bereichen können die Besucher auch mitwirken: So können sie sich einem "Indoktrinationsprozess" unterziehen und Teil der Space-Mission werden. Dafür müssen sie diverse Aufgaben ausführen und zum Beispiel Schrauben sortieren. Danach erhalten sie exklusiven Zutritt zu einigen Bereichen, unter anderem zur "Transsubstantiation" (lat. für Wesensverwandlung). Bei dem Ritual müssen sich die Besucher von ihren Mobiltelefonen trennen, die anschließend zerstört werden. Dabei soll die Hardware für den Körper und die SIM-Karte für den Geist stehen. "Wir müssen uns von unserer Sucht nach Smartphones befreien", erläutert Sachs.

Der 55-jährige New Yorker hat bereits mit zahlreichen Werken, darunter Prada-Toiletten, Hermès-Handgranaten und Chanel-Kettensägen für Aufsehen gesorgt. Mit seinen aus recycelten Materialien hergestellten Kunstwerken will er gegen Konsumrausch und eine Wegwerfmentalität protestieren - und an einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Umwelt appellieren: "Wenn wir respektvoll mit unseren natürlichen Ressourcen umgehen und Dinge schaffen, die bleiben und nicht nur verkauft werden sollen, haben wir eine größere Chance, in Harmonie mit der Natur zu leben."